Textatelier
BLOG vom: 09.10.2016

Der Herbst verpflichtet

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London


Ich bin keineswegs ein Gärtner. Im Garten erhole ich mich, wenn die Sonne scheint. Das immergrüne Gebüsch ist inzwischen hochgeschossen und beschattet den Gartenweg zum Hauseingang. Ein letztes Mal, bevor der Winter kommt, mähe ich den Rasen. Der Heckendorn ist voller Beeren. Die Äste sind ineinander verschlungen. Widerwillig begann ich vor einer Woche, diesen Wildwuchs mit Gartenschere und Säge zu zähmen. Trotz meinen Handschuhen drangen die Dornen durch den Stoff und stachen meine Handrücken links und rechts. Jetzt steht der Laubfall an. Mein Rechen ist einsatzbereit. Dem dürren Geäst kam ich mit der Säge bei. Diese Gartenarbeiten erforderten viel mehr Zeit als mir lieb war. Noch ist kein Ende in Sicht.

Wozu klagen? Allerlei Gedanken überrumpeln mich. Ich halte sie in Stichworten in meinem Notizblock fest. Heute habe ich mir ihretwegen eine Pause gegönnt. Einige davon habe ich poetisch verbrämt.

Die Düfte des Frühlings und Sommers sind verduftet
Die Düfte des Herbsts haften im Tau, Nebel und Regen
Herb riechen sie wie Schwarz- oder Ingwertee
Kitzeln die Nase und bewirken einen Niesreiz

Der bunte Pinsel des Herbsts entfaltet seine Pracht
In allen Farben, ehe der Wind die Blätter wegfegt
Der Winter kann beginnen mit Reif und Schnee
Die wetterbeständigen Wurzeln machen Ferien

Der Tag pflegt im Herbst verlängerte Nachtruhe
Schräg spiegelt sich die Sonne durch die Fenster
Eilig huschen die Strahlen den Wänden entlang
Entwischen in die anbrechende Dämmerung

Der Mensch wechselt im Herbst die Garderobe
Wer es vermag, geniesst die Sonne im Süden
Mir behagt es am besten, dort wo ich bin
Der Herbst weile als willkommener Gast

 


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