Textatelier
BLOG vom: 06.08.2010

Freiämterweg Ostroute: Mit Himbeer-Energie ins Jonental

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Das aargauische Freiamt. Nach dem heutigen geografischen Verständnis umfasst es die Bezirke Bremgarten und Muri, den „katholischen Erdteil“, wie wir Rest-Aargauer zu sagen pflegen. Zwischen dem Lindenberg und dem Heitersberg ist die Reuss das verbindende Element. Sie wurde 1975 oberhalb von Bremgarten AG zu einem Flachsee aufgestaut, darf im Übrigen noch überraschend häufig verhältnismässig frei fliessen, Schlaufen und Inseln bilden, das heisst, sie hat noch etwas eingeschränkte Freiheit geniessen, wie es sich für die Freien Ämter eben gehört.
 
Das gesamte Freiamt, von Gletschern und Flüssen modelliert, ist von einem dichten Wanderwegnetz durchzogen; allein das unter dem Namen „Freiämterweg“ zusammengefasste Wandernetz ist 180 km lang. Es kommt diesem Weg weniger auf eine sture Einhaltung der Grenzen als vielmehr darauf an, den Wanderer durch typische Landschaften zu attraktiven Punkten und Objekten zu lotsen. So bewegt er sich im Einzugsgebiet der beiden Regionalplanungsgruppen Oberes Freiamt und Unteres Bünztal, im Kelleramt, in der Region Mutschellen und durch einige Gemeinden im unteren Reusstal. Obschon ich Wanderschuhe habe, welche nach anfänglichen Widerständen dem Druck meiner Fussformen nachgegeben haben und sich jetzt wie Pantoffeln tragen, schaffe nicht einmal ich dieses Wegnetz an einem einzigen Tag. Abgesehen von Bergwanderungen, die opulenter sein können, beschränkte ich meine Tagesleistungen jeweils auf rund 15 bis 20 km, zumal ich bei den Exkursionen nicht einfach Kilometer fresse, sondern sehr ins Detail gehe (auch volkskundlich und gastronomisch).
 
Das Dorf Jonen
So habe ich mich bei einer wetterwendischen Lage am 28.07.2010 auf die Reise nach Jonen aufgemacht, um einen Teil der Freiämterweg-Ostroute von Jonen durchs Jonental bis Oberlunkhofen und zurück nach Jonen unter die Wanderschuhe zu nehmen, ein mir kaum bekanntes Gebiet, wie das Kelleramt überhaupt. Nachdem mich eine Blog-Überarbeitung etwas zurückgehalten hatte, erreichte ich Jonen (1850 Einwohner, Bezirk Bremgarten) erst vormittags um 10.30 Uhr und blieb gleich stecken. Denn solch ein attraktives Dorf, das die Geschichte der 2 letzten Jahrhunderte in tiefen Zügen atmet, hätte ich nicht erwartet. Diese Geschichte war von der Strohflechterei, Weinbau an den Hängen, Ackerbau und Viehzucht geprägt. Sozusagen die gesamte Bausubstanz des Haufendorfs stammt aus den Jahren nach dem verheerenden Dorfbrand vom 01.09.1811.
 
Das Ortsbild ist von nationaler Bedeutung und im „Inventar der schützenswerten Ortsbilder ISOS“ (Band Aargau I) ausführlich beschrieben. Als eine besondere Eigenart wird auf den repräsentativ vertretenen Haustyp verwiesen, der als Mischform zwischen dem ostschweizerischen Weinbauernhaus und dem Innerschweizer Ständerbau verstanden wird. Er ist an der Fachwerkkonstruktion, die insbesondere in der Giebelzone offen zutrage tritt, am hochgestellten Volumen und den Klebedächern zu erkennen.
 
Das Dorf ist architektonisch abwechslungsreich: Oberhalb der Dorfstrasse gibt es geschlossene Platz- und Gassenräume, unterhalb davon, wo auch die katholische Pfarrkirche St. Franz Xaver (1804/08) steht, ist die Gebäudeversammlung lockerer. Im Dorfkern sind die Gebäude annähernd konzentrisch um den Gasthof „Löwen“ gruppiert.
 
Die Kirche mit dem neubarocken Glockenturm und den schwungvollen Portaldächern hat mir vor allem von aussen gut gefallen, dank ihres eigenwilligen Charakters. Sie befindet sich neben der ehemaligen Taverne zur Muttergottes, ein schönes Freiämterhaus von 1815.
 
Das Kircheninnere ist nach meinem Empfinden ein Ausdruck der serienmässigen barocken Ausstattung, etwas abgedroschen. Die ländlichen Barockaltäre von Niklaus Häfliger mit Bildern von Kaspar Moos, mit den üblichen herumflatternden molligen, knackigen Putten und all den vergoldeten Heiligen, scheinen ab Stange zu sein. Bei den Heiligen handelt es sich im vorliegenden Fall um den prunkliebenden Leodegar und den spendierfreudigen Nikolaus. Ich betrachte diese aus dem Volk herausgepresste Pracht jeweils mit gemischten Gefühlen.
 
Ich wandte mich denn auch möglichst bald wieder dem Weltlichen zu und machte mich, den braunen Freiämterweg-Wegweisern folgend und mit den Landeskarten 1:25 000 „Hitzkirch“ (Blatt 1110) und „Albis“ (Blatt 1111) bewaffnet, in Richtung Jonental am östlichen Rand der Reussebene auf. Das Haus mit der Aufschrift „Dorf-Metzgerei“ hatte sich offenbar antiquiertem Nonfood zugewandt; eigentlich hätte ich ein Paar Cervelats zu schätzen gewusst, zumal das Mittagessen fällig gewesen wäre, wie gewisse Hungergefühle signalisierten. Viel Zeit wollte ich mit dem Essen ohnehin nicht verplämpern, da sich Wolken zunehmend ineinander schoben.
 
Himmlische Himbeeren
Also strebte ich, mit Trinkwasser im Rucksack, dem schmalen, waldigen Jonental zu. Noch bevor ich in den Goomwald eintauchte, fiel mir eine Scheune mit einem verspielten, ähnlich der Giebelform schräg zugespitzt verlaufenden Fachwerk vor einem Bio-Bauernhof auf. Der 14 Hektaren umfassende „Hof im Winkel“ gehört Bruno und Marianne Huber-Vögele und wird nach biologischen „Knospen“-Grundsätzen betrieben; Obstbau mit Birnen „Hochstamm Suisse“ und Ackerbau sowie eine Hühnermast und Rindvieh gehören dazu, ermöglichen einen geschlossenen Nährstoffkreislauf. Pfeile wiesen im eine Hausecke herum zu einem kleinen Kühlschrank an der Scheunen-Aussenwand, in dem einige Kartonschälchen mit frisch gepflückten Himbeeren auf Käufer warteten. Ich warf 5 CHF in ein unbefestigtes Kässeli, nahm eine Beeerenschale mit und begann sogleich mit dem Verzehr der Beeren, um die Transportprobleme auf diese elegante und angenehme Weise zu lösen. Ich patrouillierte an einer 23 Aren umfassenden Beerenanlage vorbei, die reihenweise mit Plastikfolien überdacht war und schob die süssen, roten und zertifizierten (CH-BIO-086) Früchte, die hier gewachsen waren, eine nach der anderen in den Mund. Sie schmeckten gut, hatten aber wegen des Sonnenmangels in den vorangegangenen Tagen ihr Aroma aber noch nicht voll entwickelt. Zwischen 2 Beerenstauden-Reihen kam Bruno Huber zum Vorschein, der gerade mit selektivem Pflücken beschäftigt war.
 
Als Kunde war ich ihm zweifellos sympathisch, und wir kamen ins Gespräch über den Himbeerenanbau. Dieser sei heikler noch als jener von Tomaten, erfuhr ich. Wenn Regen auf die Kulturen falle, stelle sich sogleich Fäulnis ein, weshalb eben die einzelnen Reihen überdacht werden müssen. Das Regenwasser fällt dann zwischen die Reihen und erreicht die Wurzeln von hier aus. Gleichwohl müssen die einzelnen Pflanzen mit Hilfe einer Tröpfchenbewässerung getränkt werden. Die Bedachung hat den Vorteil, dass auch bei Regen geerntet werden kann. Die wild wachsenden Beikräuter und die zu spät aufgetauchten Triebe müssen unter den Pflanzen von Hand entfernt werden, um die tragenden Ruten vor Beschädigungen zu schützen. Nur die Zwischengänge können maschinell gemäht werden. Im Herbst werden alle Ruten auf Bodenhöhe abgeschnitten und entfernt ... und damit auch allfällige Krankheitskeime.
 
Zudem erfuhr ich, dass ich mich gerade an der Herbst-Himbeersorte „Autumn Bliss“ gütlich tat, die erst zu einem kleinen Teil reif war; die rispenförmigen Blütenstände hatten die Beerenphase zum grössten Teil noch nicht erreicht. Wenige Reihen sind auch der Schweizer Sorte „Himbotop“ gewidmet.
 
Der Weiher und die Marien-Kapelle
Von Himbeeren gestärkt und mit neuem Himbeerwissen ausstaffiert, tauchte ich zügigen Schritts tiefer ins Jonental ein, begleitet vom Bach Jonen, der dem Tal und der Gemeinde seinen Namen ausleiht und zwischen Albis und Reuss die Entwässerung besorgt. Er ist ein munteres, strudelndes und sprudelndes Gewässer hinter dichten Hecken oder im Wald, das sich bei 30 m tief in die Landschaft eingegraben hat und von Blumen wie der Wiesenprimel, dem Seidelbast, Veilchen und der Bachnelkwurz begleitet ist. Am Wegrand bot eine ganze Ansammlung von Aronstäben ihre verkehrt-eiförmigen Beeren an. Trotz ihrer Schönheit fiel ich nicht darauf herein; denn Übelkeit, Erbrechen und Durchfall waren nicht gerade das, was den Tag verschönert hätte (alle Pflanzenteile des Aronstabs sind giftig; sie enthalten Oxalat, das Saponin Aroin und das Alkaloid Coniin).
 
Der Freiämterweg führt auch 1884 am künstlich angelegten Mühleteich beim Weiler Obschlagen, dem so genannten Jonenweiher, vorbei. Er wird vom ungeleiteten Litzibächli gespiesen und ist ganz in Grün eingebettet. Im Wasser steht eine von Efeu umsponnene Esche. Alles in allem ist dies zweifellos ein wertvolles Amphibienrefugium. Sogar weisse Seerosen wurden eingepflanzt, deren Blätter wie ein Teppich auf dem Wasser schwimmen. Der Weiher steht unter Naturschutz. Wahrscheinlich in den 1960er-Jahren baggerten Genie-Rekruten aus Bremgarten AG einige 100 Kubikmeter Schlamm aus dem Weiher aus, bis es ihnen verleidete. Der Weiher hat seither eine Tiefe von 5 m – der Grund hebt sich hinten bis zum Wasserspiegel an.
 
Nach etwa 20 Wanderminuten, vom Dorf Jonen aus gerechnet, erreicht man in einer Waldlichtung die 1742 eingeweihte Kapelle Jonental und ein vorgelagertes, tiefer gelegenes Sigristenhaus (1831), aus dessen Fenstern der Hofraum beobachtet werden kann. Die Kapelle dient insbesondere als Wallfahrtsort für Maria-Bewunderer; die Innenausstattung ist vor allem darauf ausgerichtet. Im zentralen Gnadenbild aus dem Jahr 1530 steht die barock, geradezu knallig ausstaffierte Gottesmutter in spätgotischer Manier mit dem gekrönten Jesuskind im üppig goldenen Strahlenkranz, der seinerseits von einer silbernen und goldenen Wolkenglorie eingefasst ist. Oben ist das alles überwachende Auge, und unten ist kleinmassstäblich die Kreuzigungsszene in der 100 000. Variante zu sehen, auf die kein Künstler verzichten wollte bzw. durfte. Das Kreuz und der Fisch dienten der Menschen fischenden Kirche als eine Art Urform der Corporate Identity, dem Ausdruck der Unternehmenspersönlichkeit, Symbole, die bis zum Überdruss abgewandelt werden.
 
Der rechte Seitenaltar ist ebenfalls der Gottesmutter gewidmet.
 
Die Kapelle, ins überquellende Grün eingebettet, erweckt einen friedlichen Eindruck. Die Waldeinsamkeit trägt das Ihre zu diesem Empfinden bei. Sie ist ein byzantinisch anmutender Kreuzbau mit Ziegeldach, Dachreiter und dem toskanischen Vorzeichen. Vor einer Umfassungsmauer spendet ein rechteckiger Pilgerbrunnen (1735) mit einer Aufsatzkugel auf dem Säulenstock Wasser.
 
Der Freiämterweg führt dann über eine Brücke auf die andere Seite der Jonen. Man kann sich am anderen Ufer entscheiden, ob man den kürzeren Uferweg oder einen kleinen Umweg hinauf zum Punkt 459 wählen möchte. Ich entschied mich für die kompliziertere Lösung, um noch die Kapellen-Lichtung aus einer anderen, erhöhten Perspektive zu sehen. Dabei kam ich einer Holzstatue vorbei, eine jüngere Dame mit Pagen-Haarschnitt darstellend, vielleicht eine modernisierte Maria, jedenfalls das Werk des Holzbildhauers Hans Gugerli in Zufikon AG.
 
Der Pilger wird dann zur Jonen zurückgeführt und kann im Goomwald weiterwandern bis gegen die Kantonsgrenze Aargau/Zürich, die zollfrei überschritten werden kann. Man dreht auf Zürcher Boden gewissermassen eine Ehrenrunde. Wie von der Form der Sichelspitze inspiriert, dreht der Weg um fast 360 °, führt in den Aargau zurück und überquert nach einer ausgedehnten, ackerbaulich genutzten Waldlichtung die Ortsverbindungsstrasse Hedingen ZH-Jonen.
 
Dem Weiler Litzi entgegen
Nach meinem Abschied von Maria hatte der Himmel zu weinen begonnen. Zuerst waren es nur vereinzelte Tropfen, die ich als angenehme Abkühlung, als Kühlwasser, empfand. Kontinuierlich wuchs die Intensität an, was sich aber vorerst kaum auswirkte, da die Waldbäume – Nadel- und Laubbäume – den Niederschlag auffingen und für ihre persönlichen Zwecke nutzten. Doch, auf der erwähnten Lichtung angekommen, sah ich mich gezwungen, meinen alten Armeeplastikmantel aus dem Rucksack auszugraben und anzuziehen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er keine Kapuze hatte; also schritt ich als mangelhaft ausgestatteter Rotsockenwanderer weiter. Der Kopf erfreute sich einer Dauerdusche und vertrat dann bei der erwähnten Ortsverbindungsstrasse die Auffassung, das nördlich gelegene Gebiet Schämpelen, zu dem der Freiämterweg hinaufführt, rechts liegen zu lassen und dieser Strasse in Richtung Jonen zu folgen, eine Abkürzung. Und weil wichtige Entscheide im Kopf fallen, wurde dem stattgegeben.
 
So erreichte ich nach wenigen Minuten den Weiler Litzi mit dem stattlichen Litzihof der Familie Rohrer mit seiner Jahrhunderte alten Geschichte, die im Buch „Es bsonders Volk. Obschlagen, Litzi, Mörgeln – die Aussenhöfe von Jonen“ von Max Widler, Jonen (Eigenverlag), minutiös beschreiben ist. Der Hof wird heute nach Bio-Grundsätzen betrieben und pflegt auch den Ab-Hof-Verkauf. Ich lüftete den Vorhang, um mir einen Einblick ins Selbstbedienungslädeli zu ermöglichen. Allerdings eigneten sich Minzen-, Tannschössli- und Holunderblütensirupe und Erdbeer- und Quittenkonfitüren ohne weitere Zutaten weniger als Zwischenverpflegung. Selbst ein rotes Kuh-Modell mit grossem Schweizerkreuz auf dem vollen Bauch unter dem Lebensmittelbehälter half nicht weiter, der leere Schmalzhafen, der käuflich zu erwerben gewesen wäre, auch nicht. Die Kalorien, die ich aus dem Himbeeren hatte lockermachen können, waren samt und sonders verbrannt, so dass ich auf das hinreichend vorhandene Körperfett zurückgreifen musste.
 
Viel wurde davon nicht gebraucht, denn nach der nächsten Kurve wand sich ein merkwürdiger Friture-Duft durch die Regenschnüre. Die fettgeschwängerte Luft deutete ich vorerst als Fata Morgana, oder vielleicht hatte jemand den Küchenabzug gegen die Strasse gerichtet. Doch zu meiner Erleichterung erkannte ich, dass ich unverhofft zum Gasthaus „Litzi“ geraten war. Ich schwenkte kurz entschlossen in das von einem grossen Sonnen- bzw. Regenschirm überdachte Gartenrestaurant ein. Ich muss mit meinem verwaschenen Kopf und dem Armeemantel, unter dem die Kamera für eine zusätzliche Beule sorgte, auf die hier schmatzenden, trinkenden und diskutierenden Gäste einen etwas kuriosen Eindruck gemacht hatten. Vollkommen unpassend war die korrigierte Sonnenbrille, die ich, ohne es zu merken, noch immer trug. Ich entledigte mich des Mantels, trocknete das Gesicht, schob die Haare nach hinten und liess mich an einem freien Tisch nieder.
 
Eine muntere, hübsche, schlanke Serviererin mit langem, gewelltem blondem Haar begrüsste mich freundlich und erkundigte sich nach meinen Wünschen. Die Frage „Gibt es noch etwas zu essen?“ bejahte sie und brachte eine vervielfältigte Speisekarte mit 3 Menus, u. a. einem Litzi-Toast (Rindspaillard mit Kräuterbutter auf Senfzwiebeln und verschiedenen Salaten) und einer vegetarischen Variante. Ich dachte mir, zu meinem Aufritt, der jede Noblesse vermissen liess, passe am Besten das „Menu 1“ (16 CHF), bestehend aus einem gemischten Salat, einem Cervelat-Gordon-bleu und Pommes frites. Dazu bestellte ich einen trüben, sauren Apfelsaft. Ob ich noch eine Suppe wolle, fragte die nette Dame, was ich mit der Feststellung, das könne nicht schaden, quittierte. Es war eine Gurkensuppe, die ich nach Knorr-Vorgaben aus dem Glutamat-Bereich noch etwas aromatisierte – im Bestreben, meinen Salzhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dann folgte ein abwechslungsreicher Salat, und kaum war der verzehrt, erschien der von einer Specktranche umwickelte Riesencervelat mit Kerbe, aus der mir etwas gelblicher Käse entgegenleuchtete. Die Pommes waren gross, gut, wohl etwa 20 Stück, also problemlos zu bewältigen.
 
Der Cervelat war wahrscheinlich im Wasser erhitzt statt gebraten worden, und er und hatte deshalb noch seine zähe, weitgehend unbeschädigte Haut um sich. Ich fischte zuerst einmal den etwas gummigen Käse heraus und machte mich dann mit Messer und Gabel am Wursthaut-Inhalt zu schaffen. Diese Tätigkeit empfehle ich angehenden Chirurgen als exzellente Übungsgelegenheit.
 
Irgendwie war die Einheit der Materie gewahrt. Der Regen prasselte auf das gelbbraune Schirmdach, und ich fühlte mich wie bei einem Picknick für Hartgesottene. Es gefiel mir. Und beim Abräumen fragte die Frau, die sich in mütterlicher Art um mich gekümmert hatte: „Isch es feiiiin gsi?“ (War es fein?) Während des Bruchteils einer Sekunde rang ich um Worte und sagte, ja, es sei gut gewesen. Die quirlige Dame war bereits zum nächsten Tisch unterwegs. Auf die immer gleiche Frage folgt ohnehin immer die gleiche Antwort.
 
So gestärkt, wanderte ich ins Tal nach Jonen zurück, den Weiler Obschlagen umrundend, vorbei an einer neueren heimeligen Einfamilienhaussiedlung mit verspielten Giebeln und Lukarnen in den Ziegeldächern. Die Strassenbaustellen waren verwaist, und das Dorf schien wie ausgestorben. Ich peilte die Kirche an, in deren Nähe mein Auto stand.
 
Die Kirche ist dem 1506 in Nordspanien geborenen Franz Xaver geweiht, der oft zu Fuss oder auf Schiffen in der Welt herumreiste, bis zu den Molukken und nach Japan, wobei er gelegentlich Tote erweckte. Er gilt neuerdings auch als Patron des Tourismus. Unter seinem Schutz fuhr ich noch über die Reussbrücke Werd, trank im Restaurant Reussbrücke einen Kaffee und besuchte noch schnell die gestaute und die stille Reuss bei Rottenschwil. Einige braunschwarze Stockenten-Weibchen putzten sich im Regen bei der Brücke ihr Gefieder. Sie inspirierten mich zu ähnlichem Tun nach der Heimfahrt.
 
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