Textatelier
BLOG vom: 12.06.2005

Das Lügen wie gedruckt hat eine sehr lange Tradition

Autor: Walter Hess

Das permanente Lügen der Bush-Krieger hat alle bisher bekannten Rekorde gebrochen, obschon das Lügen als solches keine amerikanische Erfindung ist. Es wird dort nur intensiver als anderswo betrieben (bitte beachten Sie dazu das Blog „US-Regierung: Lügenfeldzüge auf globalem Niveau“ vom 16. März 2005). Mit falschen Begründungen werden ganze Kriege angezettelt (Irak I und II). Und dass der Krieg gegen den Terrorismus ausgerechnet die Terroristen gestärkt hat, wird heute noch abgestritten. Ralph Nader, Konsumentenschützer und mehrmaliger US-Präsidentschaftskandidat, fordert inzwischen mit guten Gründen ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bush wegen Tatsachenverdrehungen im Interesse der Irak-Kriegsführung, die schon lange eine beschlossene Sache gewesen war. Aber da wird nicht viel passieren. Die USA haben wohlweislich den Internationalen Gerichtshof nie anerkannt, um das Weiterlügen auf einer sicheren Grundlage zu wissen.

Dieser Tage ist via „New York Times“ ans Licht gekommen, dass ein Bush-Berater eine Klimastudie (verharmlosend) manipuliert hat. Als Folge sei der Zusammenhang zwischen dem Ausstoss von Treibhausgasen und der globalen Erwärmung heruntergespielt worden. Laut dem Bericht setzte Philip Cooney mehrfach vor das Wort „Unsicherheiten“ die Attribute „bedeutsame“ oder „tief greifende“, um die Zweifel an Forschungsergebnissen zum Klimawandel drastischer darzustellen als sie tatsächlich in den Studien dokumentiert waren. Als weiteres Beispiel zitierte die Zeitung einen Satz, in den Cooney das Wort „extrem“ eingefügt habe: „Die Rückführung der Gründe von biologischem und ökologischem Wandel auf Klimawandel oder -variabilität ist extrem schwierig.“

Der Manipulator Cooney, der bezeichnenderweise zum Stabschef im Umweltrat des Weissen (und nicht etwa Weisen) Hauses befördert worden war, wirkte vorher als Lobbyist für das „American Petroleum Institute“, der grössten Interessenvertretung der US-Erdölindustrie. Cooney hatte sich schon vorher gegen Emissionsbegrenzungen für Treibhausgase eingesetzt. Und die Bush-Regierung, wie Cooney garantiert frei von jeder naturwissenschaftlichen und ökologischen Vorbildung, verweigert sich weiterhin dem internationalen Klimaschutz – die Bildungslosigkeit trägt Früchte. Die USA haben sich 2001 vom internationalen Kyoto-Protokoll verabschiedet. Ich lege Berichte darüber jeweils im Dossier „Umweltkriminalität“ ab.

Die Sache mit dem Irreführen der Öffentlichkeit, die politisches System hat, war schon vor George Bush jun. eingeleitet worden. So war die Firma Ruder Finn Global Public Affairs vom Clinton-Regime um 1998 mit der Vorbereitung des Feldzugs gegen Serbien beauftragt. Der Präsident dieses PR-Unternehmens, James Harff, hatte die Aufgabe bekommen, Sympathien für die Kroaten und Bosnier zu wecken, obschon sie als antisemitisch galten, und Serbien herunterzumachen, zu verteufeln. Er setzte Serbien mit den Nazis gleich und konnte mit Ausdrücken wie „ethische Säuberung“ und Konzentrationslager vorerst die Juden auf seine Seite ziehen und dann die gesamte amerikanische Öffentlichkeit aufzuhetzen. Da sprach niemand von Rassismus. Das erstaunt nicht.

Im Buch „So lügen Journalisten. Der Kampf um Quoten und Auflagen“ schreibt Udo Ulfkotte (Bertelsmann, München 2001): „. . . Auch darauf antwortete Harff entwaffnend ehrlich: ‚Unsere Arbeit ist es doch nicht, den Wahrheitsgehalt von Informationen zu ergründen. Dafür sind wir gar nicht ausgerüstet. Unsere Tätigkeit besteht doch vielmehr darin, Informationen, die uns günstig erscheinen, an sorgfältig ausgewählte Zielgruppen weiterzuleiten.’ So also wird in der wichtigsten Hauptstadt der Welt öffentliche Meinung gemacht  . . . ‚Wir sind Profis. Wir hatten einen Job, und wir haben ihn gemacht. Wir werden doch nicht für Moral bezahlt. Und wenn die Zeit einmal reif ist und über all das gesprochen wird, dann haben wir ein reines Gewissen.“

Im gleichen Buch wird auch auf eine gefälschte Aids-Statistik hingewiesen, in der durch ein so genanntes Kumulieren die Krankenstände höher dargestellt wurden als sie in Tat und Wahrheit waren. Das „Deutsche Ärzteblatt“ soll diese Manipulation mit dem Hinweis begründet haben, dadurch leichter an Forschungsgelder heranzukommen . . . eine gute Sache also. Bereits im Buch „So lügt man mit Statistik“ hatte Walter Krämer (Piper Verlag, München 2000) geschrieben: „Es gibt ein Gentlemen’s Agreement unserer Medien, dass im Dienst einer guten Sache die Wahrheit nicht so wichtig ist.“

Und die Amerikaner sind die Guten, die immer und überall das Böse bekämpfen. Das rechtfertigt das ständige Lügen. Die Medien ihrerseits, die um Auflagen bolzen, machen gern mit. Dr. phil. Konrad Ewald aus CH-4410 Liestal liess dem Textatelier zu diesem Thema einige bemerkenswerte Dokumente zukommen, da wir uns oft mit solchen Themen auseinander setzen. Darunter befand sich ein Auszug aus dem 1964 erschienenen Buch „Heisse Erde, schwarze Hoffnung. Afrika, vom Kap zum Äquator“ (Wien und München) von Herbert Tichy: „Der Journalist kam mit einem Auto angefahren, hielt an und ging mit Kamera und Syphonflasche bewaffnet zum Zaun. Dann liess er die Flüssigkeit über die erstaunten Kinder sprühen und knipste einige Bilder. Natürlich mussten die Kinder verstört und ängstlich ausgesehen haben, und das Sodawasser in ihren Gesichtern konnte als Schweiss oder Tränen gedeutet werden . . . Mein Gewährsmann (…) fragte ihn: ‚Warum haben Sie das gemacht?’ ‚Glauben Sie, ich kann lachende Gesichter brauchen’, soll er geantwortet haben, ‚ich brauche Tränen. Und die hab’ ich mir halt selbst gemacht.’

Ein anderes verfälschtes Bild soll so zustande gekommen sein: Nach einer Festlichkeit, als viele Eingeborene müssig auf einem Platz standen, warf der Fotograf eine Handvoll Münzen in einen Abfallkübel. Natürlich bemühten sich die Leute energisch, etwas von diesem unerwarteten Reichtum zu bekommen. So entstand ein Gedränge um den Kübel, und das Bild wurde ausgezeichnet. Es ging mit der Unterschrift ‚Hungrige suchen Nahrung im Abfall der Weissen’ um die Welt.“

Tichy hatte mit „Flucht durch Hindustan“ sein erstes Jugendbuch geschrieben, und durch seine Schilderungen wollte er wohl auch den Erwachsenen wegen ihrer Machenschaften ins Gewissen reden. Aber es hat, wie viele politische Verhaltensweisen und moderne Medien beweisen, nichts genützt.

Die Werbung erwähne ich hier nur der Vollständigkeit halber. Das Lügen ist auch auf finanzpolitischem Parkett zur hochkultivierten Spielform geworden. Wenn beispielsweise ein bestimmter Aktientitel heruntergemacht wird, bedeutet das oft, dass ein Grossinvestor die Papiere zu einem günstigen Preis demnächst kaufen will. Oder wenn sie hoch gelobt wird, möchte sie eine Institution zu guten Konditionen loswerden. Da ist etwas faul. Auf Sprüche, Kaufs- und Verkaufs-Empfehlungen, Umstufungen und dergleichen kann man nicht viel geben, es sei denn, man kenne den Stil und verhalte sich entsprechend. So hat es sich an den Börsen eingelebt, dass weltweit einfach die „US-Vorgaben“ nachvollzogen werden, weil, so glaubt man, dort alle Lügen und Gegenbewegungen in den riesigen Markt eingeflossen (eskomptiert) sind. Länderspezifische Vorgänge ausserhalb der USA werden darob kaum zur Kenntnis genommen.

Sind das Lügen, Verdrehen, Totschweigen, Übertreiben usf. denn eigentlich keine Sünden mehr, sondern allgemein akzeptiert. Ja, die Verlogenheitskultur ist salonfähig geworden. Wenn man das einmal zur Kenntnis genommen hat, kann man sich entsprechend einrichten. Die Gefahr besteht nur darin, dass man jemandem, der die Wahrheit sagt, am Ende auch nicht mehr glaubt.

Wenn es so weitergeht, wird diese Gefahr allerdings immer kleiner. Ehrlich. Denn wer darf sich noch erlauben, die „Wahrheit“ zu sagen? Was immer auch dies sein möge.

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