Textatelier
BLOG vom: 19.02.2021

Riskante Schlittenfahrt, eisiges Schlafzimmer

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

 


Schauinsland 2016 (Foto Elisabeth Faber)
 

„Die Kälte des Winters macht einem erst Freude über den Frühling bewusst.“ (Spruch)
„Die Lüge ist wie ein Schneeball: Je länger man ihn wälzt, desto grösser wird der.“ (Martin Luther)

Für viele Erwachsene und vor allem Kinder ist der Winter die schönste Jahreszeit. Sobald die ersten Schneeflocken fallen und als weisse Pracht die Erde bedecken, sind die Kinder nicht mehr in den warmen Wohnungen zu halten. Sie ziehen flugs Winterkleidung an, nehmen den Schlitten, die Skiausrüstung oder Schlittschuhe, treffen sich mit Freunden und schon geht es zum nächsten Hügel. Die Kinder sind glücklich, frohgelaunt, erzählen, singen und werfen die ersten Schneebälle.

Das war früher so in unserer Jugend. Heute ist das leider wegen der Corona-Pandemie anders. Treffpunkte mit Freunden sind ja nicht erlaubt. Zum Glück können noch Familien mit ihren Kindern Winterfreuden erleben. Aber aufgepasst, es wurden schon Skipisten wegen des riesigen Ansturms von Wintersportlern gesperrt. 

Damals kannten wir das Schneeschuhwandern noch nicht. Das ist heute anders. Immer mehr Wintersportler sind fasziniert. Das Schneeschuhwandern ist für Gross und Klein ein Erlebnis. Man muss jedoch eine gewisse Kondition mitbringen. Man sollte im Wald die offenen Wege benutzen. Auf Freiflächen gibt es keine Einschränkungen.

Einige Erlebnisse von anno dazumal und auch Episoden aus neuerer Zeit sind hier in einem Blog vereinigt.

Riskante Schlittenfahrt
In meiner Jugend waren Schlittenfahrten in den 50er Jahren auf der abschüssigen Dorfstrasse oder eine Hohlwegabfahrt die grössten Vergnügen. Stiess dann ein rasanter Schlittenfahrer mit einem Pferdefuhrwerk, einem Auto oder einem Fussgänger zusammen, war das Wehgeschrei gross. Besonders gefährlich kann eine Schlittenfahrt auf unbekanntem Gelände werden. Als Kind verliess ich einmal die übliche Rodelbahn, um eine neue Abfahrt zu erkunden. Ich fuhr einen mir unbekannten Hügel hinab. Plötzlich kam ich an einen Abhang, unten sah ich Bäume und einen Bach. Instinktiv warf ich mich vom Schlitten in den weichen Schnee. Der Schlitten fuhr allein weiter, katapultierte über den Abhang und landete zwischen Bäumen im Bach. Ich war zu waghalsig, aber zum Glück geistesgegenwärtig.

 


Wanderung im Winter (Foto Heinz Scholz)
 

Eiskristalle im Schlafzimmer
Der ehemaliger Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin gab folgenden Tipp zum Energiesparen bekannt:
„Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 bis 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können.“

Der Zitierte würde sich wundern, welche niederen Temperaturen wir in den 50er Jahren in Schlafzimmern aushalten mussten.

In meinem Elternhaus wurde nur im Wohnzimmer geheizt. Meine Schwester und ich waren in den Schlafzimmern im 1. Stock ohne Heizung untergebracht. Bei strengen Wintern bildete sich an den Wänden ein Eisflaum und die Fenster waren mit Eisblumen übersät. Ich deckte mich zusätzlich zum Oberbett mit einer Decke zu und benutzte eine warme Bettflasche. Nach kurzer Gänsehautzeit wurde es immer wärmer im Bett. Aber etwas Gutes hatte dies: Man wurde abgehärtet und war resistent gegen Erkältungskrankheiten.

Meine 2 Jahre jüngere Schwester Ursula erinnerte sich auch an kalte Winter. „Wir sassen mit nassen Schuhen im Klassenzimmer, ein Kohleofen brachte Wärme in den Unterrichtsraum. Eisblumen an den Fenstern im Wohnhaus, Eis an den Zimmerwänden. Der Nachttopf war eingefroren. Das Plumpsklo im Freien war kein Vergnügen.“ In den 50er Jahren und auch später waren meterhohe Schneemassen keine Besonderheit.

Da wurde uns eingeheizt
Ich kann mich noch gut an einen Vorfall in der Grundschule in Buchdorf (Landkreis Donauwörth, Bayern) erinnern. Da wurde es mir an einem Tag sehr warm ums Herz. Im Winter brachten ab und zu Schüler Holz und Kohlen in die Schule. Der diensthabende Klassenschüler musste für Wärme sorgen. Eines Tages hatte ein Witzbold Dienst. Er feuerte soviel Kohle nach, dass die Herdplatte und das Ofenrohr des Kohleofens zu glühen anfing. Es wurde mächtig warm im Klassenzimmer. Wir wollten, dass der Lehrer an diesem Tag gehörig schwitzt. Aber wir machten die Rechnung ohne den Wirt. Der Lehrer tat so als bemerkte er nichts. Er liess uns in der Hitze schmoren. Kein Fenster durfte geöffnet werden.

Erheiternder Irrtum
Wir kamen anlässlich einer Winterwanderung*) auf dem Feldberg in der St.Wilhelmer Hütte mit einem Fremden am Tisch ins Gespräch, das ganz lustig verlief. Da er des Öfteren in dieser Gegend den Langlauf zelebrierte, wollte er vom Wirt wissen, wie lange eine bestimmte Strecke bis zur Todtnauer Hütte denn sei. „10 km für eine Strecke“, sagte der Wirt. Dann behauptete der Bursche, der Rückweg sei kürzer. „Das sind dann 19 km“ für Hin- und Rückweg. Der Wirt war ganz verzweifelt und meinte, wenn der Hinweg 10 km betrage, dann sei auch der Rückweg 10 km lang. Da war der wohl in Mathematik eher schwache Gast höchst verwundert, und wir konnten ein Lachen nur mühsam unterdrücken.

*) Blog vom 21.03.2009: „Der Feldberg im März: Schneewanderung mit Hindernissen

Loch im Schlafzimmer
Anlässlich einer Führung durch das Bauernhofmuseum*) Schneiderhof  in Kirchhausen (Steinen-Endenburg) entdeckte mein Enkel eine Klappe im Schlafzimmer. Neugierig, wie er war, öffnete er die Klappe und blicke in ein tiefes Loch. Ich rätselte noch, welche Funktion diese sonderbare Einrichtung wohl hatte. Kaum gedacht, kam unser Führer Rudi Schneider schon heran und erklärte, warum sich dort ein Loch befindet. Es ist ein Schacht, der die Wärme von der unten beheizten Stube in die Schlafkammer führt. So hatten die Bewohner immer etwas Wärme in der dunklen und sonst im Winter sicher kalten Kammer. Erwärmt wurden die Bewohner zusätzlich durch Bettflaschen, die in den Schlafräumen zu sehen waren.

Der Schneiderhof wurde bis 1985 von Fräulein Berta Schneider (1895-1986) bewirtschaftet. Im Winter suchte sie nicht das Plumpsklo im Freien auf, sondern verrichtete ihr Geschäft im warmen Stall bei ihren Tieren.

*) Blog vom 18.08.2006: „Besuch im Bauernhofmuseum: Wo die Zeit stehen geblieben ist.

 

Internet
http://www.bauernhausmuseum-schneiderhof.de

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