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BLOG vom: 29.07.2018

Bauerngärten sind wie Perlen in der Landschaft

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Monarda Goldmelisse
 

Für Garten- und Kräuterliebhaber war der 15.07.2018 ein besonderer Tag. Die „Badische Bauern-Zeitung“ (BBZ) veranstaltete zum neunten Mal den „Tag des offenen Bauerngartens.“ Die mit sehr viel Liebe gepflegten Gärten finden immer wieder grosses Interesse. Die BBZ will durch die Aktion den Blick auf das Kulturgut Bauerngarten lenken. „Die Gärten sind immer noch ein wichtiger Bestandteil bäuerlicher Tradition. Wie Perlen in der Landschaft bereichern die Gärten unsere Kulturregion“, war in einem Infoblatt der BBZ zu lesen. 17 Gärten nahmen an diesem Tag teil. Früher beteiligten sich mehr Gärten an dieser Aktion. Es gab nämlich sehr schön gepflegte Gärten auch in unserer Region. Etliche mussten aus Altersgründen der Betreiberinnen aufgelöst werden. Nur in wenigen Fällen wird ein Bauerngarten durch die Nachkommen weiter gepflegt.

Ich nahm an dem genannten Tag den Nutz- und Kräutergarten von Marlene und Christina Müller in Unteribach auf dem Hotzenwald in Augenschein. Schon in der Vergangenheit besuchte ich diesen Garten. Ich war immer fasziniert von diesem kleinen Paradies vor dem Haus „Tannenhof“. In einem Blog schilderte ich meine Eindrücke und publizierte Rezepte von Marlene Müller (Blog vom 16.08.2008 Staunen im Kräutergarten: Der Salbei tröstet, die Rose erfreut).

Diesmal fanden sich über den Tag verteilt 280 bis 300 Besucher aus dem Hotzenwald, aus den Landkreisen Lörrach und Waldshut und auch aus der Schweiz in Unteribach ein.
Marlene Müller ist seit fast 40 Jahren als Kräuterexpertin tätig und hat eine eigene Praxis (Ayurveda-Therapeutin, Ernährungsberaterin). Ihre Spezialgebiete sind die Homöopathie, Kräuterheilkunde, Hildegard von Bingen. Sie kennt sich hervorragend in der Gartengestaltung und im Anbau von Nutzpflanzen und Kräutern aus.  Die Tochter Christina Müller führt die Pension mit Zimmern und Ferienwohnungen und bietet Naturführungen und Fastenkurse an.
Das ganze Jahr werden auch Heilpflanzen-Kurse und Kochkurse angeboten.

 


Bauerngarten
 

Es gab viel zu sehen
Bevor themenbezogene Führungen (Hildegard von Bingen, Kräuterapotheke, Homöopathie im Garten) stattfanden, hatte ich die Gelegenheit, den Garten näher zu inspizieren. Links vom Garten ist ein altes mit Flechten besetztes Vogelhäuschen zu sehen. Dann ging es in den Garten. Die Besucher konnten sich überzeugen, wie prächtig die Pflanzen in dieser Höhe (über 900 m ü. M.) gedeihen. Nur über den Winter muss die Expertin einige Pflanzen ins Haus holen. Auch Tomaten und Gurken gedeihen im Freien nicht so gut, dafür in ihrem Gewächshaus.

„Heuer hatten wir im Juni einen Hagelschauer und viele Junikäfer. Aus diesem Grunde haben etliche Pflanze darunter gelitten“, so Marlene Müller. Zum Glück haben sich die meisten Pflanzen erholt. Nur an den Rosenblättern sah man das Malheur. Zunächst naschten die Junikäfer an den Blättern, dann breitete sich der Rosenrost aus.

Die Expertin schilderte, wie sie die Schädlinge mit homöopathischen Mitteln und homöopathischen Nosoden bekämpft. Gegen Schnecken empfiehlt sie Helix tosta C30 und Lebermoosextrakt. Laut Untersuchungen war der alkoholische Auszug von Lebermoos am wirkungsvollsten (www.hobby-garten-blog.de).
Sie hat auch ein probates Mittel von der Abtei Fulda (Humofix) für die Bereitung von Kompost, der ein exzellenter natürlicher Dünger darstellt.
Marlene Müller setzt auch verschiede Pflanzen zur Schädlingsabwehr ein. So streut sie Salbei zwischen Kohl, um die Kohlweisslinge abzuwehren.

Sonderbares Insekt
An einer Ringelblumenblüte entdeckte ich ein sonderbares Insekt, das ich noch nie gesehen hatte. Laut Bestimmungsbuch „Insekten – überlebensgross“ von Matthias Helb handelte es sich um eine Raupenfliege (Tachina fera). Die Fliege (auch Igelfliege genannt) setzt Schmetterlingsraupen zu. Sie entwickelt sich als Larve im Inneren zahlreicher Schmetterlingsraupen, z. B. jenen von Schwammspinnern oder Kohlweissling.
Dazu Mathias Helb: „Die Gruppe der Schmarotzerfliegen stellt wertvolle natürliche Gegenspieler zu zahlreichen Schmetterlings-, Wanzen- und Käferarten dar. Der Kleine Frostspanner wird mit diesen Fliegen biologisch bekämpft und dezimiert.“
 
Pfefferartig schmeckende Indianernessel
Marlene Müller hat in ihrem Kräutergarten auch die Indianernessel (Goldmelisse, Monarda). Die farbenprächtige feurig-rot blühende etwa 1 m grosse Staude ist ein Blickfang. Die aus Nordamerika stammende Pflanze nutzten die Oswego-Indianer als Heilmittel bei Erkältungskrankheiten aller Art. Heute ist der erfrischende Tee aus den Blättern in den USA sehr beliebt. 
Die Blätter kann man auch klein schneiden und in den Salat mischen. Die Blätter schmecken pfefferartig. Davon konnte ich mich mit einer Geschmacksprobe überzeugen. Es gibt auch Indianernesseln mit den Blütenfarben Lila, Rosa und Weiss.
Die Pflanze wird von Bienen und Hummeln gerne besucht.

Ein Kräutlein gegen Migräne
Am Rande des Gartens entdeckte ich eine besondere Pflanze. Man könnte die Pflanze mit der Kamille verwechseln. Aus diesem Grunde wird sie falsche Kamille, Mutterkamille, aber auch Jungfern-, Mägdeblumen-, Matronenkraut genannt. Es handelt sich um das Mutterkraut (Tanacetum parthenium). Menschen, die unter Migräne leiden, schwören auf die Heilwirkung dieser Pflanze. Auszüge der Pflanze dürfen nicht Schwangere und Stillende zu sich nehmen.

Auch Schmetterlinge fühlen sich wohl
Während meines Rundganges sah ich viele Bienen, Hummeln und Schmetterlinge (Kohlweislinge, Zitronenfalter, Pfauenauge). Sie fühlten sich hier wohl und bekamen Nektar und Pollen zur Genüge.
Lassen Sie unbedingt in ihren Gärten Brennnessel wachsen. Die sind nicht nur für Menschen als Heilkraut interessant, sondern auch für die Raupen von Schmetterlingen“, wusste die Expertin zu berichten. Dies war notwendig, weil doch einige Leute die Brennnessel als Unkraut ansehen und diese aus ihren Gärten entfernen. Die Brennnessel ist nämlich eine Leibspeise für Raupen. Hier verpuppen sie sich und es schlüpfen dann Schmetterlinge heraus.

Baumaloe mit Wirkung
Marlene Müller zeigte mir noch die Meerzwiebel und Baumaloe, die in Blumentöpfen heranwuchsen. Die Baumaloe (Aloe arborescens) hat viele Wirkungen. Eine Zusammenfassung ist unter www.foodgrave.de/aloe-arborescens) nachzulesen.
Marlene Müller hat mir ein Rezept von der Baumaloe vera verraten. Das Mittel nimmt sie zur Vorbeugung. Seitdem hat sie mit Erkältungen nichts mehr zutun und es geht ihr dabei sehr gut.

Rezept: Blätter sammeln, die zusammen einen Meter ergeben, die Stacheln im Randbereich entfernen, Aloe klein schneiden und in einen Mixer geben. Dann 1 Glas Honig und 1/8 Liter weissen Rum zufügen und das Ganze mixen. In Gläser füllen und in den Kühlschrank stellen. Am Morgen nüchtern 1-2 Esslöffel einnehmen.

Weitere Rezepte sind im oben erwähnten Blog vom 16.08.2008 aufgeführt (Lavendel- und Rosenbadesalz, Lavendelblütenöl).

Bei meinem Rundgang durch den Garten entdeckte ich sehr schön gestaltete Schilder mit den Aufschriften „Bienen und Schmetterlinge sind immer willkommen“ und „Dieser Garten wächst mit Liebe“. Das kann ich wirklich bestätigen. Man muss einen grünen Daumen haben, um solch einen Garten hervorzubringen.

Fazit: Es war wieder ein schöner Erfolg für die Initiatorin des Bauern- und Kräutergartens. Marlene Müller resümierte: „Auch im Kräutergarten konnte ich mich nicht mehr vor den vielen Fragen retten. Ich stellte fest, dass sich immer mehr Leute für Alternativen interessieren. Die Veranstaltung war wieder spannend für mich.“

Internet
www.badische-bauern-zeitung.de
www.kraeuter-regio.de
www.tannenhof-ibach.de
www.veda-energeticum.com
https://www.foodgroove.de/aloe-arborescens/

Literatur
Helb, Matthias: „Insekten – überlebensgross“, Franckh-Kosmos Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2016.
 
Weitere Blogs über Bauerngärten
30.07.2014: Bauerngarten-Tag: Von Mädchenaugen und Sinnsprüchen
24.07.2010: Bauerngarten-Tag: Bunte Pracht in ländlichen Paradiesen 
16.08.2008: Staunen im Kräutergarten: Der Salbei tröstet, die Rose erfreut 

 


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