Textatelier
BLOG vom: 12.02.2018

Ansturm in Frankreich wegen Schokocreme-Rabatt

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 

Viele Geschäfte locken nicht nur nach Neujahr, sondern auch lange vor Beginn der Jahreszeiten mit Rabatten Kunden an. Die Inhaber der Geschäfte wollen ihre Ladenhüter und Restbestände vor Eingang von Neuheiten und der neuen Kollektion loswerden. Früher waren Schlussverkäufe bei uns üblich. Seit 2004 sind Schlussverkäufe in Deutschland passé, aber die Geschäfte bieten über das ganze Jahr Rabatte an. Die sind sehr beliebt. Jeder möchte billig einkaufen und sich erfreuen. Es gibt manchmal einen Ansturm wegen dieser Rabatte, wie der folgende Fall beweist.

Ansturm wegen Schokocreme-Rabatt
Am 25.01.2018 wurde in den Intermarché Märkten in Frankreich das 950-Gramm-Glas Nougat-Creme (Nutella) mit 70% Rabatt angeboten. Statt 4,50 Euro musste man nur 1,41 Euro bezahlen. Dieses Angebot hat einen wahren Ansturm auf die Märkte ausgelöst. Es spielten sich wilde Szenen ab. „Es war ein richtiger Aufstand“, äusserte eine Angestellte. „Die Leute sind übereinander hergefallen und haben alles umgestossen, wir waren kurz davor, die Polizei zu rufen.“ In anderen Städten wurden ähnliche Szenen beobachtet. Die Cremes waren in kurzer Zeit verkauft.

Eine Kundin (laut Focus): „Sie haben sich darauf gestürzt wie Tiere. Eine Frau wurde an den Haaren gezogen, eine ältere Dame hat einen Karton auf den Kopf bekommen.“ Auf einem Handy-Video war diese schreiende Stimme zu hören: „Hört auf, meine Grossmutter wird zertreten.“

Stefan Brändle schrieb in der „Badischen Zeitung“: „Zuerst sprachlos, dann schimpften die sozialen Medien bald über Nutella, diese teuflische Mischung aus Zucker, Haselnuss und Palmöl, die offenbar das Zeug habe, das Tier im Menschen zu wecken.“

Der Hersteller von Nutella, Ferrero, distanzierte sich von den Vorfällen. Ein Rabatt war nicht abgesprochen.

Die Rabatte wurden auch auf Kaffee, Trockenwindeln von Pampers ausgedehnt. Auch diese Produkte lösten einen Kaufrausch aus.

Im Internet wurde der Ansturm entsprechend kommentiert. Hier 2 Meldungen:

„Die Dummheit der Menschen ist grenzenlos. Rasten aus wegen einem dusseligen Brotaufstrich.“

„Gäbe es mal Nocciolata zu einem guten Preis – das wäre solch ein Ansturm wert. Diese gut schmeckende Nusscreme enthält kein Palmöl.“

Ein Psychologe sagte im Fernsehen, dass durch den Kaufrausch das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert wird.

Ein Sprecher des Konsumentenvereins CLCV sieht das etwas differenzierter: „In Frankreich gibt es 9 Millionen Arme. Sie sind schlicht gezwungen, dauernd nach Vergünstigungen oder Treueboni Ausschau zu halten.“ Es wird auch Emmanuel Macron zitiert, der die Reichen steuerlich entlastet. Sein Minister Le Maire meinte, die nicht so betuchten Leute würden für jedes Produkt mit grossen Rabatten in die Läden stürmen. Er könne sich nicht vorstellen, dass das in Luxusläden passiert. Reiche brauchen vielleicht keine Rabatte. Ich kann mich aber täuschen, denn es gibt ein Sprichwort. „Das Sparen kann man von den Reichen lernen.“

Hier sind noch 2 Geschichten zum Thema aus meinem Archiv. Es gab also schon früher Auswüchse bei Käufen.

Kampf um Badeschlappen
Endlich Urlaub. Die Familie packt die Koffer, verstaut sie ins Auto und fährt gegen Süden. Dann fällt dem Haupt der Familie plötzlich ein, dass er keine Badeschlappen eingepackt hat. Er stoppt seine Fahrt in Lörrach, geht in ein Kaufhaus, um Sandalen zu kaufen. An einem riesigen Wühlkorb versucht er, die richtigen zu finden. Er wühlt und wühlt, aber keine Nr. 43 ist zu sehen. Gegenüber grabscht ein Mann ebenfalls in den Berg von Sandalen. Er scheint fündig zu werden, denn er hält ein Paar mit der Grösse 43 in Händen. Dann wirft er sie wieder in den Behälter. Auf diesen Augenblick hat unser Urlauber nur gewartet. Er greift sich das Paar mit der gesuchten Grösse und will an die Kasse. Er wollte, denn sein Gegenüber hatte etwas dagegen. „Das sind meine Schlappen, geben Sie mir diese gefälligst wieder her“, meinte dieser aufgebracht. Als unser Urlauber diese nicht rausrücken wollte, gab sich der andere als Polizist in Zivil zu erkennen. Aber alles nützte nichts. „Sie haben die Schlappen ja schon wieder weggeworfen, nun gehören sie mir“, entgegnete unser Familienvater, ging zur Kasse und bezahlte. Als er das Kaufhaus verliess, folgte ihm der Polizist unter lautem Palaver bis zur Strasse. Da verlor der Schlappen-Besitzer die Geduld und rief: „Nun halten Sie die Luft an, wenn Sie jetzt nicht gleich verschwinden, gehe ich zur Polizei.“ Als der „Schlappenwegwerfer“ dies hörte, suchte der hartnäckige Typ endlich das Weite.

Frauen auf der Jagd
Keine Angst, hier möchte ich nicht eine Jägerin vorstellen, die so manches Jagdglück hat. Es ist aber eine ganz andere Jägerin.
Bei Schlussverkäufen geht es nämlich oft so zu als wären die Leute auf der Jagd. Man möchte das schönste Stück erbeuten, bevor es ein anderer bekommt. An so manchen Wühltischen bei Schlussverkäufen kamen sich Frauen in die Haare, es gab ein Gezerre um ein Kleidungsstück, bis es manchmal zerrissen wurde. Kürzlich hörte ich eine Geschichte von einer Bekannten, die bei Aldi einkaufte. Es gab Kinderkleider aller Art zu einem sehr günstigen Preis. Als eine Frau das letzte Stück ergatterte und in ihren Einkaufwagen legte und nur einen Augenblick zur Seite schaute, nahm doch eine freche Person das Kleidungsstück aus ihren Wagen und verschwand.

 


*
*    *

Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst