Textatelier
BLOG vom: 11.05.2016

Neueste Studien: Antirülpsmittel, Honig bei Brustkrebs

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 

Wer hätte das gedacht, dass auch positiver Stress zu einem Herzinfarkt führen kann. Oder ein Kohlwickel bei einem schmerzenden Knie eine gute Wirkung bringt, und Sonnenlicht für ein längeres Leben verantwortlich sein kann. Neuere Studien ergaben auch eine Wirkung von Honig und Pollen bei Krebspatientinnen. Der Gipfel der unermüdlichen und kreativen Forscher war die Entwicklung eines Antirülpsmittels.

Antirülpsmittel für Kühe
Forscher sind immer bestrebt ihre Existenz unter Beweis zu stellen. Dazu ein Beispiel: Wissenschaftler der amerikanischen nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS)  entdeckten kürzlich ein Antirülpsmittel, nicht für Zweibeiner, sondern für Kühe. Die Vierbeiner sollen eben nicht zu viel des Klimagiftes Methan ausrülpsen. Der Stoff, der dies bewirkt, heisst 3-Nitrooxypropanol (3-NOP). Dieser wirkt, wie dpa am 07.05.2016 meldete, direkt auf die Mikroorganismen ein, die im Verdauungstrakt der Tiere das Methan bilden.
Nun dürfen die Kühe nicht mehr rülpsen, was ja ihrem Naturell nicht entspricht. Ausgerülpst!

Wirksame Senföle
Eine neueste Grosstudie der Universitäten Rennes und British Colombia ergab, dass Senföle die Resistenzproblematik entschärfen können. Bei Erkältungskrankheiten ist es sinnvoll, wirksame pflanzliche Arzneimittel wie Senföle aus Kapuzinerkresse (Arzneipflanze des Jahres 2013) und Meerrettich einzusetzen. Dies äusserte der Makrobiologe Prof. Uwe Frank, Freiburg. Bei Verwendung von Senfölgemischen wurden nach 50 Jahren keine Resistenzen beobachtet.

Bei der Grossstudie wurden mehr als 100 Forschungsarbeiten zu den antibakteriellen Eigenschaften und Resistenzmechanismen der Senföle ausgewertet. Die Senföle wirken antimikrobiell, entzündungshemmend und eignen sich zur Behandlung von Erkältungskrankheiten.  „Gleichzeitig tragen die Senföle zur Entschärfung des Resistenzproblems bei“, so Prof. Frank.
Die Senföle wirken auch im Gegensatz zu Antibiotika, antiviral. Bei antiviral bedingten Atemwegserkrankungen könne das pflanzliche Arzneimittel auch den bakteriellen Sekundärinfektionen entgegenwirken.
Eine Kombination der Senfölglykoside (Glucosinolate) aus Kapuzinerkraut und Meerrettichwurzel haben ein breites Wirkungsspektrum gegenüber 13 klinisch relevanten Bakterienstämmen.
Eine Untersuchung an der Uni Giessen 2010 ergab, dass die Kombination der Senföle die Vermehrung von Grippeviren vom Typ H1N1 hemmte.

Inhaltsstoffe der Kapuzinerkresse: Senfölglykoside, Carotinoide, Anthocyanidine, Flavonoide, Phenole, Vitamin C.
Eigenschaften: Antibiotisch, antiviral, pilzwidrig, schleimlösend, desinfizierend.
Haupteinsatzgebiete sind Harnwegsinfekte, Infektionen der oberen Luftwege, Nebenhöhlenentzündung und Bronchitis.

Inhaltsstoffe von Meerrettich: Senflölglykoside (Sinigrin, Allicin, Gluconasturtin), Vitamin C (115 mg/100 g), ätherische Öle.
Eigenschaften: Antimikrobiell, entkrampfend, durchblutungsfördernd,
Haupteinsatzgebiete: Bakterielle Harnwegsinfekte, Infektionen der Atemwege.
Stärkung der Abwehr.

Senfölglykoside kommen ausserdem in Rettich, Senf, Kresse und Kohl vor.

Kohlwickel für das schmerzende Knie
Kohlwickel, Wirsingwickel, Kohl- und Wirsingauflagen eignen sich hervorragend bei Gicht in den Zehen, Ohrenschmerzen, Halsentzündung, Fieber (hier Wickel auf den Rücken), Gelenkschmerzen, Unterschenkelgeschwüren, Gürtelrose, Quetschungen, Narben, Nagelbettentzündungen, Insektenstichen, Krampfadern und Abszessen. Die Wirkung eines Kohl- oder Wirsingwickels führen Forscher auf den Gehalt an entzündungshemmenden Stoffen (Flavonoide, Senfölglykoside) zurück.

Die Carstens-Stiftung förderte eine neue Studie der Kliniken-Essen-Mitte. Hier wurde erstmals die Wirkung von Kohlblattauflagen bei Arthrose des Kniegelenks (im Stadium II-II) untersucht.
Die Patienten wurden zufällig in 3 Gruppen eingeteilt. 4 Wochen lang erhielten diese täglich entweder einen Kohlwickel auf die betreffende Stelle, oder ein Diclofenac-haltiges Schmerzgel oder sie behielten die bisherige Behandlung im Rahmen der Routineversorgung bei.
Ergebnis: Schmerzintensität wurde reduziert und die Beweglichkeit des Kniegelenks verbessert. Der schmerzlindernde Effekt bei den Kohlblattauflagen war dem des Schmerzgels nicht überlegen. Die Patienten aus der Kohlwickel- und Diclofenac-Gruppe beurteilten die Massnahme als hilfreich zur Behandlung ihrer Kniearthrose-Beschwerden. 75 % würden die Anwendung der Kohlwickel weiter empfehlen.

Einschätzung der Carstens-Stiftung: „Die Kohlwickelanwendung bietet sich für Arthrose-Patienten in Begleitung einer konventionellen Behandlung oder aber bei Unverträglichkeiten  herkömmlicher Medikamente an. Die gute Verträglichkeit und einfache Durchführung zeichnet Kohlwickel als probate und kostengünstige Selbsthilfemassnahme aus.“

Achtung! Bei Nierenbeckenentzündung, Gürtelrose, Abszessen und Unterschenkelgeschwüren vor Anwendung immer den Arzt fragen! Manchmal zeigt sich bei Anwendung des Kohlwickels eine Erstverschlimmerung der Beschwerden.

Durchführung: Blätter waschen, abtrocknen, Mittelrippe oder vorstehende Blattrippen herausschneiden, Blattreste mit einem Rollholz weich walzen, dachziegelartig auflegen und mit einem Zwischen- und Abdecktuch einwickeln. Einwirkungsdauer laut Wickelexpertin Maya Thüler: 1 bis 12 Stunden, täglich morgens und abends anwenden.

Sonnenlicht lässt länger leben
Das renommierte Karolinska Institut in Stockholm brachte heraus, dass ein Sonnenmangel gesundheitsschädlicher als bislang angenommen ist. Die im Journal of Internal Medicine publizierte Studie war so angelegt: 30 000 Schwedinnen wurden über einen Zeitraum von 20 Jahren untersucht. Dabei wurden diejenigen verglichen, die sich viel, mittel und überhaupt nicht sonnten.  „Wir haben festgestellt, dass die Frauen, welche die Sonne vermeiden, ein gut doppelt so hohes Risiko in sich tragen, an Herz- und Kreislauferkrankungen zu starben. Auch ist deren Risiko, an Diabetes Typ II und Multipler Sklerose zu erkranken, etwa doppelt so hoch ist“, so der Studienleiter und Oberarzt Pelle Lindqvist. Diejenigen, die sich moderat sonnten, hatten immer noch ein bis zu 40 % höheres Sterberisiko gegenüber Frauen, die sich viel sonnten.
Es kam aber auch heraus, dass Schwedinnen, die sich viel sonnten, auch vermehrt Hautkrebs bekamen. Wichtig ist ein Mittelmass an Besonnung. Lindqvist empfahl eine tägliche Sonnenbestrahlung von 1 Stunde auf möglichst viele Hautpartien. Dabei wird Vitamin D aus einer Vorstufe in der Haut gebildet. Die Anregung einer Bildung erfolgt durch UVB-Strahlen im Sonnenlicht. Dazu der Freiburger Dermatologie-Professor Christoph Schrempp: „Es gibt einen eindeutig belegten Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und dem Risiko tödlicher Herz-Kreislauferkrankungen.“
Auch die UVA-Strahlung im Sonnenlicht ist wirkungsvoll. Laut einer Studie von 2014 erweitert die UVA-Strahlung die Adern und senkt den Blutdruck.

Honig und Pollen bei Brustkrebs
Frauen mit Brustkrebs, die eine Krebstherapie erhalten, leiden verstärkt unter typischen Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen, Schweissausbrüche, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Depressionen, Vergesslichkeit, Trockenheit der Scheide. Dazu kommt noch Haarausfall. Antihormonelle Therapien verschlimmern diese Beschwerden noch. Da konventionelle Mittel mit Nebenwirkungen behaftet sind, ging man daran alternative Behandlungsmethoden einzusetzen (Akupunktur, pflanzliche Medikamente, Sojaprodukte, Vitamine).
In einer Studie wurde an 46 Frauen mit Brustkrebs die Wirkung von Honig und Pollen in einem Zeitraum von 2 Wochen getestet. Die eine Gruppe erhielt Pollen, die andere Honig. Die Wissenschaftler hatten vor, den Honig als Placebo einzusetzen. Die Überraschung war jedoch gross als die Ergebnisse vorlagen. Sowohl Honig als auch Pollen waren wirksam. Zwei Drittel der Patientinnen in beiden Gruppen berichteten von einer Linderung der Symptome. Die Linderung zeigte sich schon nach 3 bis 4 Tagen.
Die Karl und Veronica Carstens- Stiftung schätzte diese Studie  so ein: „Die Honig-/Pollentherapie könnte durchaus auch für Frauen in den Wechseljahren ohne Brustkrebserkrankung von Nutzen sein. Dies zu überprüfen, wäre eine Aufgabe zukünftiger Studien.“
Die Stiftung empfiehlt, den behandelnden Arzt während einer antihormonellen Behandlung mit einzubeziehen, bevor die Honig-/Pollentherapie begonnen wird.

Auch positiver Stress geht ans Herz
Wir unterscheiden den gutartigen, positiven Stress, der für  unser Leben notwendig ist und den der „Vater der Stressforschung“ Hans Selye (1907−1982) als die „Würze des Lebens“ darstellt, sowie den krankmachenden, negativen oder bösartigen Stress („Distress“). Negativer Stress wird durch schädliche Stressoren wie Ängste, Ärger, Aufregung, krankhafter Ehrgeiz, Entscheidungsschwierigkeiten, Enttäuschungen, Konflikte, Lärm, Minderwertigkeitsgefühle, Scham, Schuldgefühle, Sorgen, Zeit- und Leistungsdruck ausgelöst und versursacht je nach Typ unterschiedliche Krankheiten.

Nach neuesten Erkenntnissen geht auch positiver Strass ans Herz. So wurden Infarktsymptome nach einem freudigen Ereignis, wie Geburt eines Enkelkindes, Hochzeit, Sieg im sportlichen Bereich, Lottogewinn, beobachtet.  Forscher um Jelena Gheri vom Universitätsspital in Zürich haben die Auswirkungen von positivem Stress untersucht. 1750 Patienten mit der Diagnose Kardiomyopathie wurden näher unter die Lupe genommen. Bei 4 % wurden die Beschwerden nach einem positiven Erlebnis ausgelöst. Die Forscher bezeichneten diese Variante der Stress-Kardiomyopathie  „Happy Heart Syndrom“. Diese Form der Kardiomyopathie ist relativ selten, aber man sollte bei Verdacht auf einem Herzinfarkt an einem „Happy Heart Syndrom“ denken (Quelle: www.netdoktor.de  vom 12.04.2016).

Literatur
Anwar, André: „Schwedische Studie“, „Badische Zeitung“ vom 18.04.2016.
Hacke, Daniela: „Kohlwickel für das schmerzende Knie“, www.carstens-stiftung.de
2011-2014.
Hacke, Daniela: „Hilfe aus dem Bienenstock für Frauen mit Brustkrebs“, www.carstens-stiftung.de
Meyer, Katharina: „Sonnenlicht lässt länger leben“, Interview mit Prof. Schrempp, „Badische Zeitung“ vom 18.04.2016.
„Die Welt“: „Kapuzinerkresse kann sogar Antibiotika ersetzen“, www.welt.de  2016.
Thüler, Maya: „Wohltuende Wickel“, Maya Thüler Verlag, Bern 2003, www.wickel.ch

 

Hinweis auf einige Blogs zu weiteren Studien
12.01.2016:  Studien (2): „Herztrost“ beruhigt, ein Hund gegen Schlaganfall
07.01.2016:  Studien (1): Kaffee gut für die Leber, Granatapfel für die Prostata
19.02.2015:  Neue Studien 2: Lavendelduft, Spermien, Migränemitte
13.02.2015: Neue Studien 1: Manneskraftstärkung, tödliche Langeweile
14.12.2009: Widersprüchliche Studien: Viel Fett gesund, Folsäure nicht?
04.02.2009: Merkwürdige Studien: Kuhmilch-Förderung durch Zuneigung
29.01.2008: Ernährungsstudien-Wahn: Verwirrung bei den Verbrauchern

 


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