Textatelier
BLOG vom: 26.07.2015

Die Parabel vom traurigen Spassvogel

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London


Der Spassvogel war traurig, weil er keine Zuhörer für seine Spässe hatte. Allein kann man nicht über seine eigenen Spässe lachen. So sass er düster auf seinem dürren Ast.

“Was ist mit dir los?”, flog der Lockvogel auf ihn zu, und der Spassvogel gestand ihm sein Leid.

“Aber jetzt hast du in mir einen Zuhörer gefunden, und wenn du mich zum Lachen bringst, besorge ich dir mehr Zuhörer”, versprach er.

Der Spassvogel plusterte sich zum Komiker auf. Hier ist sein Witz: Sagt das linke Bein einer Blondine zum rechten: „Wenn heute nichts dazwischenkommt, gehen wir ins Kino!" Der Lockvogel kicherte und befand ihn gut, wiewohl nicht stubenrein. “Wo hast du ihn aufgeschnappt?”, wollte er wissen. Der Spassvogel gab ihm seine Quelle preis. “Also aus zweiter Hand”, folgerte der Lockvogel.

Dieser Witz hatte den Spottvogel herbeigelockt. “Dieser Witz ist ausgeleiert”, spottete er, “man hört ihn in jeder Beiz.”

Entmutigt glättete der Spassvogel sein Gefieder. “Ich tauge für nichts – nicht einmal als Witzfigur”, jammerte er.

Inzwischen war es dunkel geworden. Wortlos hatte die Eule im Astloch mitgehorcht und erteilte dem Spassvogel weisen Rat: “Alles gelingt, solange es aus dem eigenen Schnabel kommt.“

Diesen Rat beherzigte der Spassvogel und verwandelte sich zum Rotkehlchen, dessen Gesang die Ohren der Zuhörer betört.

 


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