Textatelier
BLOG vom: 23.10.2014

Bessere Fisch-Verbindung beim neuen Wehr-KW Leibstadt

Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
 
 
Wasserkraftwerke sind meistens Hindernisse, die das Zirkulieren von Fischen und anderen Wasserlebewesen erschweren, verhindern oder gar verunmöglichen – dabei sind alle Fliessgewässerorganismen auf Wandermöglichkeiten angewiesen (mehr noch als gesundheitsbewusste Menschen). Und so wurden denn die Flusskraftwerke dazu gezwungen, den Auf- und Abstieg von Fischen zu ermöglichen. Neben der Staumauer wurden sogenannte Fischtreppen (Kaskaden, Stufen, Schlitzpässe) gebaut, bei deren Anblick ich mich oft gefragt habe, wie es denn möglich sei, dass ein ausgewachsener Fisch die Passage schaffen kann, ohne dass ihm im engen, turbulenten Betonkanal sein Schuppenpanzer abgeschabt wird, so wie man es in der Küche bei der Fisch-Zubereitung zu tun pflegt. Neuerdings ist man bei tierfreundlicheren Lösungen angelangt.
 
Die Kraftwerk Albbruck-Dogern AG investierte viel in ökologische Aufwertungsmassnahmen, von denen Zirkulationsmöglichkeiten für Fische in der Passage und das 800 m lange und 7 bis 15 m breite erwähnte Umgehungsgewässer, das Fischen und Vögeln als Lebensraum dient und sogar Lachsen den Aufstieg ermöglicht, die zentralen Ereignisse sind. Das Umgehungsgewässer ist von Steinrampen, Kiesinseln, die sich selbstständig mit Pflanzen besiedeln, Kiesbänken und Kiesschnellen (Furten) begleitet, welche die Fliessgeschwindigkeit bremsen und zu idealen Laichplätzen werden. Am 09.10.2014 habe ich diese Bündelung von Energieproduktionsstätten in der erweiterten Form erstmals gesehen.
 
Hier sei mit dem Sammelkanal („Collection Gallery“) der „modernste Fischaufstieg in Europa“ entstanden, heisst es auf einer Informationstafel am Leibstädter Ufer am Ende der Klemmestrasse („Chlämmi“) unterhalb des Landgasthauses „Schützen“, wo sich das Wehrkraftwerk befindet: „Die Fische werden von einer Lockströmung angelockt und von einer Lockströmung in das Umgehungsgewässer geleitet.“ Der Schlitzpass (eine Fischtreppe) ist eine vom Ober- zum Unterwasser geführte Rinne mit treppenartig aneinander gereihten Becken. Die Fische erhalten dadurch die Möglichkeit, durch die senkrechten Schlitze nach oben oder unten zu schwimmen. In den Becken sind die Fliessgeschwindigkeiten und damit auch die Turbulenzen reduziert, wodurch Unterstände und Ruhezonen entstehen.
 
Zu den Zirkulationsmöglichkeiten gehört die gleich neben dem Fischpass angelegte „Raue Rampe“: ein steiler Fliessabschnitt mit Hindernissen in Form von Steinen oder Steinschüttungen.
 
Energieproduktion im Doppelpack: Das erste Kraftwerk Albbruck-Dogern wurde am Ende des Werkkanals rheinabwärts 1930‒1933 auf deutschem und schweizerischem Gebiet gebaut. Und ein neues Wehrkraftwerk für 70 Mio. Euro nördlich des Dorfs Leibstadt auf der Schweizer Seite wurde am 04.12.2009 eingeweiht; mit dem Bau war 2007 begonnen worden. Die beiden Kraftwerke versorgen jetzt etwa 180 000 Haushalte mit Elektrizität.
 
Das neue Wehrkraftwerk verfügt über eine Rohrturbine. Diese lagert 17 m unter der Oberfläche des Maschinenhauses. Sie setzt sich aus einem Laufrad mit einem Durchmesser von 6.1 m, dem Leitapparat und dem Generator zusammen. Die 16 Schaufeln des Leitapparats können in Verbindung mit der Stellung des Laufrads je nach Wasserführung so eingestellt werden, dass die Maschine immer mit dem bestmöglichen Wirkungsgrad läuft. Dieser liegt über 90 % (mittlere Leistung: 24 MW), woraus man erkennt, dass auch die Kraftwerk-Technologie vorangekommen ist: Der Wasserkraftwerkbau hat sich in letzter Zeit in jeder Hinsicht tatsächlich zu verbesserten Leistungen aufgeschwungen. Auch die Fische sind dafür dankbar, die – im Gegensatz zu menschlichen Demonstranten – um Barrikaden herum gern grosse Bögen machen.
 
 
Hinweis auf weitere Energie-Blogs
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst