Textatelier
BLOG vom: 15.04.2014

Zu Physiognomie-Aspekten und zum Wahrheitsgehalt

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Der Mensch ist frei wie der Vogel im Käfig;
er kann sich innerhalb gewisser Grenzen bewegen.
Johann Kaspar Lavater
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Wer gross denkt, muss gross irren.
Martin Heidegger
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Einleitung
Der Schweizer Pastor Johann Caspar Lavater (1741‒1801), Schweizer evangelischer Theologe, Religionsphilosoph und Schriftsteller, und Ernst Kretschmer (1888‒1946) haben versucht, die Gesichtszüge und Körperformen innerhalb der Physiognomie – Lavater mittels Schattenrissen ‒ und Körperformen zu kategorisieren. Kretschmer hat die Konstitution in Körperformen gegliedert (Leptosomen = schlank, Pyknikers = gedrungen, Athletikers =kräftig), welche das Temperament bestimmen sollten. Ihre Theorien sind heute nur noch von geschichtlichem Interesse.
 
Herzlich wenig lässt sich aus dem Gesicht oder vom Körperbau ablesen. Die Nazis haben mit ihrer den Juden zugewandten Rassentheorie verheerend viel Elend gestiftet! Noch immer gibt es Rassenvorurteile. Rassisten hatten einst den „Negern“ das Menschrecht geraubt. Den Aborigines in Australien, Neuseeland und Tasmanien erging es nicht besser unter der englischen Willkürherrschaft. Die Treibjagd auf Indianer, von den skrupellosen amerikanischen Eroberern angezettelt, ist ein weiteres schauderhaftes Kapitel.
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Niemand kann einem Menschen in die Seele blicken. Transparenz offenbart sich teilweise im Benehmen und in der Handlungsweise im Verkehr mit Menschen. Lebenserfahrung und geschulte Beobachtungsgabe erlauben uns, gewisse Rückschlüsse zu ziehen, besonders seitens jener Personen, die sich vorab selbstkritisch durchleuchtet haben. Die Frage: Ist dies nachweisbar?
 
Die uns innewohnenden Schwächen und Stärken vereiteln oder vertiefen unsere auf Mitmenschen bezogene Erkenntnisfähigkeit. Und diese Erkenntnisfähigkeit kann willkürlich und manipulierbar jenseits des Wahrgehalts sein, besonders dann, wenn wir uns vor Mitmenschen verantworten müssen.
 
Martin Heidegger
Der als genial gerühmte deutsche Philosoph Martin Heidegger (1889‒1976) war zwischen 1933 und 1945 Mitglied der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei), was mir beim Lesen seiner Werke aufstösst. Ich möchte mir hier Heideggers „Feldweg“ zu Kunst und Dichtung, insbesondere sein Gang zu Friedrich Hölderlein, ersparen: Heidegger als Nihilist und Hölderin als „Dichter des Göttlichen“ passen schlecht zueinander.
 
Wieweit geben auf 2 unterschiedlichen Erkenntnis-Ebenen, hier zuerst in der geschriebenen Sprache aus Gesprächen und Texten gewonnene Aussagen, den Wahrgehalt preis?
 
In seinen „Schwarzen Heften” beschwerte sich Heidegger über die „Verjudung des deutschen Geisteslebens“ und betrieb damit seine Philosophie-Politik, wie sie vielen Philosophen im Wettstreit miteinander um Vorrang eigen ist. Heidegger und seine Verjudungsaussage haben kürzlich in der deutschen Presse einen umfangreichen, sehr vernehmlichen Aufruhr ausgelöst; siehe „Die Zeit“ No. 01/2014 – Artikel von Thomas Assheuer: „Er (Heidegger) spricht vom Rassenprinzip“, was die Flut von Zuschriften eingetragen hat. Am 12.04.2014 ist eine doppelseitige Review im „Daily Telegraph“ von Michael Inwood, Philosophie-Professor an der Oxford Universität, erschienen, betitelt „Hitler's philosopher“.
 
Auf seinen beliebten Feldwegen, unweit des Feldbergs, hat Heidegger immer wieder den Holzweg eingeschlagen, auch innerhalb seiner Philosophie. „Irren ist menschlich”, lässt sich sagen, aber abwegige oder missverständliche Aussagen gehören nachträglich berichtigt oder geklärt. Dann und wann konnte er sich aus der Sackgasse herausfinden. Die Sorgfaltspflicht herrsche vor in der Philosophie und anderswo. Heideggers Persönlichkeit, im Gegensatz von Arthur Schopenhauer, ist sehr kaschiert, will besagen undurchsichtig. Das versperrt mir den Zugang zu seiner Philosophie. Seine von abstrakten Theorien durchmischte Sprache ist mir ein weiterer erschwerender Umstand. Es fehlt die für Laien verständliche Klarschrift.
 
Der Fall Oscar Pistorius vor Gericht in Pretoria (SA)
Diesmal habe ich im Gerichtsfall die wechselnden und widersprüchlichen gesprochenen Aussagen des Mords seiner Freundin Revaa Steenkamp bezichtigten Oscar Pistorius' auf dem Bildschirm intensiv verfolgt und gesehen, wie ihn Gerrie Nel in der Anklage umzingelte. War dieser Mord beabsichtigt oder nicht? Pistorius steckt unentrinnbar wie ein Vogel im Käfig. Am 15.04.2014 fanden die Zeugeneinvernahmen statt. Hier geht es mir darum, den Wahrheitsgehalt der gesprochenen Sprache eines Täters zu eruieren.
 
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