Textatelier
BLOG vom: 25.03.2014

Verdoppelung: Ein Säugling zu viel im Kinderwagen ...

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Das Kindermädchen spazierte, wie alle Tage bei schönem Wetter, im Stadtpark. Es schob den Kinderwagen den Blumenbeeten entlang. Das Kind war 3 Monate alt und schlummerte hinter dem vorgeklappten Sonnenschutz. Irma hiess das Mädchen; sie diente im Haushalt der Familie Bärlach.
 
Jener Mai-Nachmittag hatte die wohltuende Wärme des Monatanfangs gegen eine Gluthitze eingetauscht. Die Sonne brannte, und die Leute mieden die Wege und suchten den Schatten unter den Laubkronen der Bäume. Auf schattigen Bänken dösten viele Mütter hinter ihren Kinderwägen. Alte Leute, sonst geschwätzig, waren im Halbschlummer verstummt. Nur die Kinder spielten ausgelassen, plantschten beim Brunnen, bauten Burgen im Sandkasten und schwangen munter auf den Schaukeln hin und her.
 
Irma beschloss, den Kinderwagen bis zum Parkausgang zu stossen, um dort eine Eiswaffel zu kaufen. Auf einer nahen Wiese leckte sie genüsslich ihr Vanillaeis. Sie zog die Bremse des Kinderwagens, vergewisserte sich, dass der Säugling richtig auf der Matratze ruhte und streckte sich alsdann auf der Ruhewiese aus. Innert 10 Minuten war Irma eingeschlafen.
 
Gegen 4 Uhr erwachte sie und schaute noch schlaftrunken nach dem Kleinen. Sie traute ihren Augen nicht: Ein 2. Säugling schlummerte in ihrem Wagen und teilte den Bettüberwurf mit dem 1. Säugling. Wie sehr sie sich auch die Augen rieb, schlief ein fremdes Kind neben dem rechtmässigen Alleinbesitzer des Kinderwagens. Irmas 1. Gedanke war: „Der muss weg, heraus mit ihm!” Doch das war zu spät. Die Mütter ringsum waren erwacht. Die alten Leutchen ebenfalls und plauderten erquickt miteinander. Irma konnte den Eindringling keineswegs unbemerkt zurücklassen.
 
Das Kindermädchen war knapp 17 Jahre alt und begann, hilflos zu schluchzen und zu weinen. Die Leute merkten auf und eilten auf sie zu und fragten nach dem Grund ihres Leids. Irma wies zum Wagen und sagte: „Vor einer Stunde lag bloss einer dort, Thomas, das Kind der Frau Bärlach, und jetzt ist ein zweiter da!“
 
Das arme Mädchen stand von Leuten umringt, die nicht wussten, was sie von dieser Geschichte halten sollten. „Aber sie sehen doch wie Zwillinge aus”, meinte eine gut gekleidete Dame, die sich  über die beiden Kleinkinder beugte. Immer mehr Leute scharten sich kopfschüttelnd um den Kinderwagen. Hinzu kam ein Polizist und liess sich die Geschichte wiederholen. Man sah ihm an, dass er sich am liebsten seiner Dienstpflicht entzogen hätte. Schliesslich kritzelte er etwas in sein Notizbuch und fragte nach der Wohnadresse des Säuglings und wollte noch wissen, ob das Kind links oder rechts dort zuhause sei. „Ich werde einen Rapport machen. Kommen Sie mit mir zum Posten”, forderte er das Mädchen auf und stiess missmutig den Kinderwagen voran. Beide Säuglinge erwachten gleichzeitig und begannen zu plärren. „Der Teufel hole es”, entfuhr dem Polizisten. Beinahe wäre er über den 2. Kinderwagen gestolpert, der vor dem Eingang stand.
 
„Stören Sie mich jetzt nicht!” winkte ihn der Chef barsch ab. Eine Frau und ein Mann bestürmten den Vorgesetzten: „Unser Kind wurde entführt, und Sie müssen sofort etwas tun … statt Formulare auszufüllen.”
 
„Ich habe 2 Kinder im Kinderwagen draussen vor der Türe”, unterbrach ihn der Polizist, und fügte hinzu, „zusammen mit dem Kindermädchen …“. Er zückte seinen Notizbuch und sagte: „Eines gehört der Familie Bärlach, das andere scheint unbekannter Herkunft zu sein.”
 
„Und das sagen Sie mir erst jetzt”, fauchte er den behelmten Polizisten an. Wie besessen stürmte die Mutter zum Ausgang und erschien mit dem Kind auf dem Arm. „Das ist unser Kind”, schrie sie hysterisch. Ihr auf den Fersen folgte das jammernde Kindermädchen.
 
Es dauerte 2 volle Stunden, bis nach dem Erscheinen von Herr und Frau Bärlach der Wirrwarr geklärt war. Und eine weitere Stunde, bis alle Formulare ausgefüllt waren.
 
Es sei noch hinzu gefügt, dass die Kinderwägen einander glichen, wie ein Ei dem anderen. Wie es zur Verwechslung kam, bleibe dahingestellt, damit diese Geschichte hier beendet werden kann.
 
 
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