Textatelier
BLOG vom: 12.10.2013

Sprache: Schreibe wie du sprichst ... aber sorgfältiger

 
Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
1. Teil: „Schreibe wie du sprichst ...”
Meine vom Schweizerischen Kaufmännischen Verband SKV mit einem Preis dotierte Arbeit „Schreibe wie du sprichst“, die ich am 30. Oktober 1962 in Le Locle (CH) beendet habe, trägt den Untertitel: „Mit welchen Einschränkungen gilt die Titelüberschrift, und inwiefern dürfen und sollen Frische und Humor auch in der Geschäftskorrespondenz Gastrecht haben?“ Ich habe den 45-seitigen Text mit seinen 20 Kapiteln soeben in einer Schublade aufgestöbert und nach 51 Jahren wieder gelesen.
 
Das Kaufmannsdeutsch war damals, und wohl auch heute noch, hölzern und zum Gähnen langweilig. Ich zitiere einen Auszug aus meiner damaligen Einleitung zum Untertitel „Schreibe wie du sprichst … aber sorgfältiger“:
 
Wie ein zusammengerollter Teppich birgt dieses kurze Sätzchen ein vielfältiges Muster, das wir in dieser Schrift entrollen wollen.
 
Die Eigenarten, oder genauer: die Unarten aufzudecken, die den schlechten Briefstil von der Umgangssprache unterscheidet, ist die Aufgabe des 1. Teils (bis und mit dem 7. Kapitel). Nie käme es uns in den Sinn, unsere Gedanken umständlich in Hauptwörtern auszudrücken. Vielmehr kleiden wir unsere Aussage in Verben. Wir meiden hochtrabende Fremdwörter, wohl wissend, wie leicht unsere Zunge über sie stolpert.
 
Ganz besonders sei der Zusatz „…  aber sorgfältiger“ hervorgehoben – die unvermeidliche Einschränkung jeder Regel. Im Gespräch bleibt uns zumeist kaum Zeit, immer genau das treffende Wort zu finden. Während des Schreibens hingegen haben wir mehr Zeit, die Wortvielfalt unserer Sprache zu nutzen. Besonders im Kapitel über Modewörter ist dieser Zusatz wichtig.
 
Wirkungsvoller und weit lebendiger sind unsere Briefe, meiden wir die groben Stilschlampereien, die im 1. Teil angekreidet sind.
 
Im 2. Teil mit der Überschrift „Humor und Frische“ will ich versuchen, den Stil weiter zu beleben, anregend und wirkungsvoll zu gestalten. Hier sind die vorbildlichen Eigenschaften der Alltagssprache aufgegriffen, und wie sie sich in den Briefstil übertragen lassen. Frage, Vergleich, Beispiel und sogar Humor heissen einige der Kräutchen, die, richtig gemischt am rechten Ort, unseren Stil würzen.
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Dabei habe ich mich auch auf Beispiele aus der Literatur berufen, etwa aufs Gedicht „Das Wörtlein“ von Heinrich Heine. Ludwig Reiners „Stilkunst – Ein Lehrbuch deutscher Prosa“ hat mich auf den Weg zum besseren Deutsch verholfen. Dieser Weg ist lang, und ich beschreite ihn noch immer.
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2. Teil: “In 20 Schritten zum Redeprofi!
Dieses im September 2013 erschienene Buch von Michael Oefner wurde, so wollte es der Zufall, vom Verlag SKV veröffentlicht. Von diesem Leitfaden zur „Rhetorik für die Praxis“ erhielt ich ein Belegexemplar, dank des Umstands, dass eine meiner Aphorismen in die „Zitaten-Schatzkiste“ aufgenommen wurde („Gäbe es nicht solche, die etwas leisten, hätten viele nichts zu lästern“). Dieser glänzend gestaltete und empfehlenswerte Leitfaden widmete Michael Oefner „all denjenigen, die ihrem Publikum nicht grauen Einheitsbrei auftischen, sondern ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mit rhetorischen Delikatessen verwöhnen wollen". Daniela Hauser hat ansprechende Illustrationen beigesteuert.
 
Hier zähle ich einige wenige der 20 Schritte auf:
 
3 Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Auftritte:
-- Ziel exakt festlegen
-- Anti-Langeweile, Würze
-- Optimaler Start
-- Guter Auftakt
-- Überzeugende Körpersprache
-- Wirkungsvolle Pausen.
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Im kleinen Kreis von 4 bis 12 Personen komme ich mit meiner Ansprache einigermassen zurecht. Vor 100 Zuhörern aber kriege ich Lampenfieber, verhaspele mich leicht und verliere sogar den Faden … Ich habe den Augenkontakt mit dem Publikum verloren.
 
Hermann Hesse hatte ähnliche Beklemmnisse auf seinen Vorlesereisen durchstanden, so sehr, dass er sich am liebsten am Baum erhängt hätte, um seinem Auftritt zu entgehen. Das ist kein Trost. Hätte ich doch früher gewusst, wie man mit der Rhetorik umgeht, wären mir viele Ängste und Pannen erspart geblieben.
 
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