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BLOG vom: 16.07.2012

Südtirol 2: Dolomitenseen-Perle, Terence Hill als Förster

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Südtirol ist für mich eine der schönsten Urlaubsregionen. Dazu tragen die überaus freundlichen Menschen und die köstlichen Gerichte bei.
 
Am 2. Wandertag stand der Pragser Wildsee (1494 m ü. M.), der als einer der schönsten der Dolomiten gilt, auf unserem Programm. Der See wird auch als die „Perle der Dolomitenseen“ bezeichnet (www.pragser-tal.com ).
 
2. Wandertag: Türkisgrüner Wildsee
Wir fuhren am 01.07.2012 über Welsberg und St. Veit mit der alten Pfarrkirche, die dem Kirchenpatron St. Veit und der Gottesmutter gewidmet ist, zum Pragser Wildsee. Dieser wurde viel fotografiert, besungen und gemalt. Der See soll durch eine urgewaltige Katastrophe entstanden sein. Riesige Felsblöcke stürzten von den Bergen herunter und versperrten den Weg zum Tal hin. Im Laufe der Zeit staute sich das Wasser. Es entstand ein sogenannter Verdämmungssee, der keinen sichtbaren Abfluss hat. Das Wasser fliesst etwa 36 m unterirdisch ab und tritt im Tal unten wieder hervor.
 
Am Pragser Wildsee befindet sich das „Hotel Pragser Wildsee“. Von hier aus ging 1945 der letzte Gefangenentransport von 139 prominenten KZ-Häftlingen ab. Unter den Gefangenen war auch der ehemalige österreichische Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg. Die Nazis waren der Ansicht, man könnte die Gefangenen bei den Alliierten als Faustpfand einsetzen. Caroline Heiss, die heutige Inhaberin des Hotels, sammelte die Zeugnisse der Gefangenschaft und gründete ein Archiv (Quelle: Dumont Reise-TB: „Südtirol“).
 
Wir wählten den Wanderweg, der links vom „Hotel Pragser Wildsee“ ausgeht, und erreichten bald darauf das Holzhäuschen des Bootsverleihs. Hier hatten wir den ersten fantastischen Blick über den türkisgrünen See, in dessen Wasser sich der Seekofel (2810 m) spiegelte. Fast 1000 Meter hoch ist die Nordwand des Bergkolosses. Den Berg kann man besteigen, man braucht aber dazu 4 mühsame Stunden. Das wollten wir an diesem Tag nicht. Wir wählten den meist bequemen Pfad rund um den See. Für die kleine Wanderung benötigten wir 1,5 Stunden.
 
Vom See aus kann man in die grandiose Bergwelt des Naturparks Fanes-Sennes-Prags einsteigen. Einige mutige junge Burschen und auch 2 Hunde tummelten sich im See in Ufernähe. Das kristallklare Wasser war sehr kalt. Davon konnte ich mich überzeugen, als ich nur eine Hand ins Wasser steckte. Diese zog ich dann wieder schnell heraus.
 
Terence Hill als Förster
In der Zeitung „Dolomiten“ las ich am folgenden Tag, dass Terence Hill in der 12-teiligen TV-Serie „L'Uomo di Boschi“ im Hochpustertal einen Förster spielt. Der allseits bekannte Schauspieler, der früher mit Bud Spencer etliche Filme drehte, wird als Förster durch die Wälder und Wiesen des Hochpustertals streifen. Die Wahl der Produktionsfirma fiel auf den Pragser Wildsee und Innichen. Kein Wunder, dass den Produzenten diese einmalig schöne Landschaft und die Naturbelassenheit gefallen haben. Die Produktion der 12-teiligen Serie kostet etwa 10 Millionen Euro.
 
In der prunkvollsten Barockkirche
Nach der Umrundung des Pragser Wildsees fuhren wir nach Toblach (www.toblach.it) und später nach Innichen (www.innichen.it).
 
In Toblach besichtigten wir die Pfarrkirche Johann Baptist, die als die prunkvollste Barockkirche des Pustertals gilt (1769−1782 erbaut). Auffallend sind die Kanzel mit dem züngelnden Rocailledeckel von 1770, die schönen Deckengemälde und der Hochaltar mit prachtvollen Engels- und Heiligenfiguren.
 
In Toblach (Dobbiaco) komponierte übrigens Gustav Mahler (1860−1911) seine 2 letzten Sinfonien. Der Komponist verbrachte hier die letzten 3 Sommer seines Lebens. In Altschluderbach befindet sich das Gustav-Mahler-Museum. In der Nähe entspringt die Drau, die ihre Wasser nach Osten zur Donau und zum Schwarzen Meer schickt.
 
Das Grand-Hotel Toblach hatte 1887 einen prominenten Gast. Der deutsche Kronprinz Friedrich Wilhelm war 1887 hierher gekommen, um sein Krebsleiden behandeln zu lassen. Er erlag als „Kaiser der 99 Tage“ jedoch seiner Krankheit dennoch.
 
Nach einem guten Mittagessen spazierten wir durch Toblach und sahen uns auf dem Friedhof um. An den meisten Grabsteinen befanden sich Fotos von den Verstorbenen in Email. Das ist in südlichen Ländern so Brauch. Auch in den Todesanzeigen in Zeitungen sind die Verblichenen abgebildet. In Innichen waren die aktuell Verstorbenen auf einem Blatt mit den Daten und einem Foto neben den Kircheneingängen platziert. Ein Verstorbener war sogar mit einer Wanderkluft abgebildet. Ein Wanderfreund bemerkte mit Galgenhumor: „Der hat wohl zu viel gewandert.“
 
In der Nähe des Friedhofs befindet sich der zinnen- und erkergeschmückte Ansitz Herbstenburg (um 1500). Die Burg diente von 1508 bis 1511 als Hofquartier von Kaiser Maximilian I. von Habsburg. Da sich dieses Gebäude in Privatbesitz befindet, kann es leider nicht besichtigt werden. Vor der Burg befindet sich eine überdimensionale Bronzestatue von Kaiser Maximilian I. Dieses Denkmal wurde im August 2009 aufgestellt. „Das Denkmal stellt den Kaiser dar, wie er über einige Stufen dem Volk entgegen geht. Kaiser Maximilian mit dem Schwert in der Hand: der letzte Ritter, Feldherr und Krieger“, ist im Internet zu lesen.
 
Bedeutender Sakralbau
Danach fuhren wir nach Innichen (San Candido), wo wir Terence Hill allerdings nicht zu sehen bekamen. Dafür besichtigten wir den bedeutendsten romanischen Sakralbau Tirols, die dreischiffige Stiftskirche, und auch die barocke Pfarrkirche St. Michael, 1760 erbaut.
 
In der Stiftskirche zu den Heiligen Candidus und Korbinian, die auch Münster oder Dom genannt wird, war gerade eine Trauerfeier im Gange. Der „Liebe Max …“, wie an der Kirchentür zu lesen war, war 3 Tage vorher im Alter von 83 Jahren verstorben. Er sah auf dem Bild jugendlich, gut gebräunt und erholt aus. Es war sicherlich ein Bild älteren Datums.
 
Meine Wanderfreunde waren vom Chorgesang begeistert. Danach wurde der Sarg aus der Kirche zur Grabstätte gebracht. Viele Trauernde folgten dem Sarg. Ich beobachtete die eindrückliche Szenerie aus einem gehörigen Abstand in der Nähe des Ausgangs an der Friedhofmauer.
 
Die Kirche wurde sehr früh erbaut. Von der Gründungskirche aus dem 8. Jahrhundert ist nichts mehr erhalten. Um 1280 bekam die Kirche die heutige Gestalt. Blickfang in der Kirche ist die monumentale romanische Kreuzigungsgruppe aus der Zeit um 1250. Es ist die ursprüngliche Fassung zu sehen. Weitere Besonderheiten sind das Kuppelfresko (grösste erhaltene Monumentalfresko romanischen Stils) und die Krypta. Die Krypta wurde im 12. Jahrhundert erbaut und nach 1200 eingewölbt.
 
In der Fussgängerzone in Innichen befindet sich das Dolomitenmuseum (www.dolomythos.com), das wir aus Zeitgründen nicht besichtigen konnten. Dafür stillten wir unseren Durst vor einem Bistro. Dann fuhren wir wieder zu unserem Domizil in St. Magdalena zurück. Ein ereignisreicher Tag ging zu Ende.
 
Fortsetzung folgt!
 
Literatur-Hinweise
Kuntzke, Reinhard; Hauch, Christiane: „Südtirol“, Dumont Reise-Taschenbuch, Ostfildern 2011.
Mertz, Peter: „Erlebniswege in Südtirol“, Bruckmann Verlag, München 2009.
Widmann, Werner, A.: „Südtirol“, ADAC-Reiseführer, München 2005.
 
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