Textatelier
BLOG vom: 04.03.2012

Ehrensold für Ex-Präsident Christian Wulff stösst sauer auf

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Laut einer Umfrage des Nachrichtenkanals ntv lehnen 90 % der Bundesbürger den Ehrensold für den Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff ab. Die Umfrage war nicht repräsentativ, zeigt aber die Stimmung im Volk auf. Wulff soll für seine 1½-jährige Tätigkeit als Bundespräsident 199 000 Euro im Jahr, und das steuerfrei, bekommen. Nach Bekanntwerden dieses Riesenbetrags kochte die Seele der meisten Bundesbürger hoch. Es kann doch nicht sein, dass ein Präsident für so wenig Arbeit (Vergnügungsreisen, die als Staatsreisen bezeichnet werden) so viel Geld als Ehrensold erhält. Und dass ein Arbeiter, der 49 Jahre im Beruf stand, nur eine Bruttorente in Höhe von 1147,75 Euro, wie dies ein erzürnter Leser in der „Badischen Zeitung“ am 02.03.2012 schrieb, bekommt. Dieser Arbeiter hat natürlich keine Freunde, die ihm den Urlaub bezahlen oder sonstige Begünstigungen gewähren. Auch für seine Eigentumswohnung, wenn er eine solche überhaupt hat, bekommt er keinen verbilligten Kredit oder seine Frau darf keine Kleidung von Modeketten kostenlos herumtragen.
 
Steuerzahlers Albtraum
Wenn es nicht so ungerecht wäre, könnte man auch über so manche Karikatur herzlich lachen. So publizierte der Karikaturist Haitzinger am 02.03.2012 in der „Badischen Zeitung“ eine herrliche Karikatur. Die Bildunterschrift lautete: „Steuerzahlers Albtraum“. Da schreckt ein Mann, der verzweifelt ein wohl leeres Sparschwein in den Händen hält, aus einem Traum auf und schreit zu seiner im Bett daneben liegenden Frau, die ganz konsterniert dreinguckt: „Ich habe geträumt, der Wulff wird so alt wie Jopi Heesters!“ Dann dürfte Wulff (53) etwa 11 Millionen Steuergelder innert 55 Jahren kassiert haben. Auch wenn er früher sterben sollte, bekommt seine Witwe samt Kind nach den Regeln des Beamtengesetzes eine Witwen- und Waisenversorgung. Und dies ist nicht gerade wenig. Die Frau muss doch in ihrem Luxus weiterleben dürfen. Wulffs Ehefrau hat übrigens schon ein Angebot von ihrem Ex-Chef bekommen. Ich bin überzeugt, die hübsche Frau wird sicherlich den Job annehmen, ansonsten wird es ihr im eigenen Heim zu langweilig.
 
Im Rundfunk hörte ich kürzlich einen Reporter, der ungefähr dies sagte: „Der Ehrensold eines Ex-Präsidenten ist notwendig, man kann doch nicht erwarten, dass ein solcher Mann sich eine Arbeit suchen muss.“ Da musste ich herzhaft lachen. Nun, Wulff ist doch Anwalt, der wird schon eine Beratertätigkeit, und wenn es bei seinen zahlreichen Freunden ist, zugeschanzt bekommen.
 
Die bisherigen Ex-Präsidenten bekamen noch einen Referenten und Chauffeur gestellt. Peter G. aus Oberried schrieb in einem Leserbrief an die „Badische Zeitung“: „Kinder von Hartz-IV-Empfängern, die als Statisten bei den Oberammergauer Passionsfestspielen mitgewirkt haben, müssen 75 % ihrer sicherlich enorm hohen Gage zurückgeben! Lieb Vaterland magst ruhig sein.“ Der Leser regte dann noch an, dass Altpräsidenten auf die Hälfte ihres Ehrensoldes zugunsten sozialer Einrichtungen verzichten sollten. Aber da kann er lange warten.
 
Rita H. aus Ettenheim schrieb, wenn ein Rentner stirbt, darf die Hinterbliebene nur 720 Euro Einkommen haben, sonst wird die Rente gekürzt. Sie mutmasst, dass diese Kürzungen auch zur Finanzierung des Ehrensoldes für Herrn Wulff dienen, damit er nicht in die Altersarmut komme.
 
Dr. M. H. aus Freiburg betonte, Herr Wulff müsse sich den Lebensabend erst verdienen. „Wenn es mit der Anwaltskanzlei nicht klappen sollte, können ihm seine vielen Freunde unter die Arme greifen. Und dann bleibt noch das Jobangebot für Bettina. So könnte Wulff als Hausmann sich um den kleinen Linus kümmern. Hauptsache, der Mann ist gesund und die Frau hat Arbeit.“
 
Diesen Kommentar finde ich super. Auch bei den Normalverdienern gibt es Familien, in denen die Frau ein höheres Einkommen hat als der Mann. Und es gibt viele Hausmänner, die eine gute Arbeit im Haushalt verrichten.
 
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), regt eine Reform des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten an. „Wir müssen unaufgeregt und ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten über eine Kürzung der Altersbezüge für die Bundespräsidenten nachdenken“, liess er kürzlich verlauten. Er war der erste Koalitionspolitiker, der sich für eine Kürzung stark machte. Auch der Bund der Steuerzahler hat sich kürzlich für eine neue Regelung eingesetzt. Inzwischen gibt es Politiker, die Wulff auffordern, auf den Ehrensold zu verzichten und an gemeinnützige Einrichtungen zu spenden. Damit würde er ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Dies ist die Meinung des Haushaltspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion Jürgen Koppelin. Das wäre sicherlich ein guter Schachzug von Wulff. Aber ich glaube nicht an eine solch edle Geste.
 
Das erachte ich als einen guten Vorschlag: Die Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes, Verdi, hat bei den jetzigen Tarifverhandlungen (6,5 % mehr Geld, mindestens 200 Euro pro Monat) einen Ehrensold (diese Bezeichnung kam früher bei Gehaltsforderungen nicht vor) nicht nur für Präsidenten, sondern auch für Müllwerker, Erzieher, Krankenschwestern, Berufsfeuerwehrleute und Mitarbeiter bei den Behörden gefordert. Aber die Kommunen sind verschuldet, und es wird wahrscheinlich nur eine geringe Erhöhung für die fleissigen Berufsgruppen, die es wirklich verdient hätten, geben.
 
Unser Ex-Präsident Wulff kann auf jeden Fall nach Prüfung der Rechtslage mit dem Ehrensold in voller Höhe rechnen. Er ist ja aus politischen Gründen zurückgetreten, wird in der Presse betont. Da muss ich doch wieder sarkastisch lachen. Der Rücktritt erfolgte doch nicht aus politischen, sondern ganz anderen, persönlichen Gründen.
 
Angesichts das ganzen Hickhacks machte ich mir diese Überlegung; Wenn ich im Mittelalter gelebt hätte, wäre ich vielleicht Adeliger, Mönch oder ein Bischof geworden, denn dann hätte ich in Saus und Braus leben können. Und heute käme der Beruf eines Politikers oder eines Bürgermeisters in Frage. Die Bürgermeister, die oft nicht leicht aus dem Amt zu vertreiben sind, bekommen auch nach einer 5-jährigen Dienstzeit fürstliche Gehälter bzw. Pensionen.
 
Diese Gedanken habe ich natürlich gleich verworfen. Ich möchte auf keinen Fall einen solchen Posten übernehmen. Wir sind doch alle glücklicher mit normalen Berufen, oder?
 
Was ist Politik?
Hier noch einige Gedanken über die Politik:
 
„Politik ist die Kunst, Gott so zu dienen, dass der Teufel darüber nicht böse wird.“
(Napoleon I.)
 
Politik ist die Kunst, das Geld der Reichen und die Stimmen der Armen durch das Versprechen zu erhalten, beide voneinander zu schützen.“
(Verfasser unbekannt)
 
„Wenn ein Politiker sagt, wir sässen alle in einem Boot, dann heisst das: Er will den Kapitän spielen, und wir sollen rudern.“
(Verfasser unbekannt)
 
„Diplomaten sind Leute, die man auf Reisen schickt, um zum Besten ihres Landes zu lügen.“
(Sir Henry Wotton, Lobschrift auf König Karl)
 
„Was moralisch falsch ist, kann nicht politisch richtig sein.“
(Gladstone)
 
„Die Triebfeder der Politik ist meist Eitelkeit, Ehrgeiz, Machtwille, nur selten Habsucht und noch seltener der uneigennützige Wille, einer Idee oder einer Menschengruppe zu dienen.“
(Coudenhove-Kalergi, Held und Heiliger)
 
„Politik verdirbt den Charakter.“
(Bernhard Brigl)
 
Literatur
Puntsch, Eberhard: „Witze, Fabeln, Anekdoten“, mvg (moderne verlags GmbH), München 1968.
„Grosses Zitaten-Buch“ (ohne Autorenangabe), Compact Verlag, München 1986.
Zoozmann, Richard: „Zitatenschatz der Weltliteratur“, fourier Verlag GmbH, Wiesbaden 1986.
 
Hinweis Blogs über Wulff und die ähnliche Causa Hildebrand in der Schweiz
 
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