Textatelier
BLOG vom: 18.11.2011

BVB Biberstein AG: Von Internet-Vernetzungen und Fusionen

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Den Unterschied zwischen einer Vernetzung und einer Fusion haben die Mitglieder der Bürgerlichen Vereinigung Biberstein (BVB) am Abend des 15.11.2011 beim Lagerfeuer im Cheminéeraum der Schulanlage herausgearbeitet. Im vernetzten Netz kann man sich ziemlich frei bewegen. Nach Fusionen aber ist man gefangen, und es gibt kein Zurück. Damit beziehe ich mich auf die Eingemeindungsgelüste der Stadt Aarau, die 10 Nachbargemeinden unter ihre Fittiche bringen will und in Biberstein (wie auch in anderen Gemeinden) abblitzt.
 
Die Geschichte der Internet-Vernetzung
Vorab zur elektronischen Vernetzung: Prof. Dr. Bernhard Plattner, der seit 1994 in Biberstein wohnt und im Departement Elektrotechnik der ETH Zürich „Technische Informatik“ lehrt, führte in die junge Geschichte des Internets ein. Das Netz begann gerade in den Jahren seines Einzugs in Biberstein (Aargau) aufzublühen – so um 1993 herum, als das weite WWW-Universum, welches das Internet repräsentiert, und der dazugehörende Browser („MOSAIC“ als Nachfolger von ViolaWWW und Erwise) erfunden wurde. Diese Entwicklungen führten dazu, dass von damals an auch nicht informationstechnisch geschulte Leute wie unsereiner im Netz herumstreunen konnten.
 
Die Internet-Geschichte hat viel früher begonnen, vielleicht um 1945, als Vannevar Bush (1880‒1974), ein US-Ingenieur und Analogrechner-Pionier, den Personalcomputer und den Hypertext, der nicht der linearen Struktur unterliegt und durch einen netzartigen Aufbau durch Hyperlinks elegante Verknüpfungen ermöglicht, vorzudenken begann. Auch dieser Bericht ist als HTML-Dokument (in der Hypertext Markup Language) im Netz präsent.
 
Ein wichtiger Meilenstein war das 1962 entwickelte Arpanet (Advanced Research Projects Agency Network), das im Auftrag der US-Luftwaffe am Massachusetts Institute of Technology entwickelt wurde und zuerst einmal 4 Universitäten verband. Damit startete auch die Paketvermittlung, das heisst, dass längere Nachrichten in Datenpakete unterteilt und dann wieder zusammengesetzt werden.
 
Es folgten verschiedene Neuerfindungen. So konstruierte Robert Tappan Morris 1988 den ersten Internetwurm, den berühmten Morris-Wurm, mit dem er das Arpanet zum Teil lahmlegte. Er wurde bestraft, erhielt aber nach der Läuterung einen Karriereschub und wurde Informatikprofessor. Das Web2.0, zu dem das WWW gehört, machte das Internet 2003 zu einer 2-Weg-Strasse: Der Nutzer kann seither nicht mehr nur konsumieren, sondern als Prosument selber Inhalte zur Verfügung stellen, wie wir das im Blogatelier des Texatelier.com denn auch fleissig (täglich, manchmal mehrmals) tun. 1998 tauchte Napster, eine Musiktauschbörse, auf, die das Musikgeschäft störte und wieder geschlossen werden musste. Seit 2001 kann über YouTube jedermann Filme ins Netz stellen. Das Internet wurde ab 2003 dank Skype auch zum Telefonnetz. Die Smartphones (Mobiltelefone) nutzen zudem den Internetinhalt – und bereits 2010 gab es nach den Ausführungen von Bernhard Plattner mehr Smartphones als traditionelle Computer.
 
Das Internet kann kontrolliert werden – am 27.01.2011 wurden die Server in Ägypten auf Regierungsanordnung hin geschlossen. Es lässt sich brauchen und missbrauchen und mischt auch immer häufiger in industriellen Prozessen mit. Nach den Vermutungen des Referenten wird es in 10 Jahren vielleicht mehr von Maschinen als von Menschen genutzt.
 
Mit besonderem Interesse zur Kenntnis genommen wurde in Biberstein, dass der hier ansässige Prof. Plattner der 1. Besitzer der Domain .ch war, doch war es allzu schwierig, sie zu halten und teuer zu verkaufen. Heute ist sie im Eigentum des Bundes, also der Schweiz.
 
Spotlicht aus der Bibersteiner Geschichte
Die Bibersteiner Bürgerlichen (Präsident. Markus Schlienger) haben nichts gegen Vernetzungen, wohl aber gegen Fusionen. „So lange ich im Gemeinderat bin, wird Biberstein nicht (mit Aarau) fusioniert“, sagte Dr. Markus Siegrist, Vizeammann in Biberstein, worauf ich ihm eine ewige Bleibe im Gemeinderat (Exekutive) wünschte. Mit Ausnahme der Feuerwehr hätten bisher alle Fusionen (im Sinne von Auslagerungen von Gemeindeaufgaben) die Erwartungen nicht erfüllt, sagte der Vize; man sass damit wie gebrannte Kinder ums Cheminéefeuer herum und fühlte sich bestärkt im Bestreben, das selbständige „Dorf im ländlichen Raum“ zu bleiben.
 
Der Steuerfuss kann 2012 noch bei 88 Prozent bleiben, obschon der Kanton Aargau immer mehr Lasten auf die Gemeinden abschiebt. Markus Siegrist langte sich an den Kopf, auf dem sich Anzeichen von Verzweiflung abzeichneten, als er über den Anstieg der Krankheitskosten berichtete; ihm kochte sozusagen die Suppe über (siehe am Schluss dieses Blogs). Im 2012 machen die Steigerungen an die Betriebsdefizite des Kantonsspitals Aarau und an private Krankheitsorganisationen für Biberstein 186 000 CHF (knapp 5 Steuerprozente) aus (total sind 493 000 CHF hinzublättern), eine erschreckende und besorgniserregende Entwicklung, auf welche die Gemeinden keinen Einfluss nehmen können; sie müssen zusehen, wie damit die letzte der gesunden kommunalen Finanzlagen zum Patienten wird. Auch die Sozialhilfe wird immer teurer, ein weiteres Fass ohne Boden, bei der nächstes Jahr ein Anstieg um 144 200 CHF zu erwarten ist.
 
Erfreuliches ist von der Polizei zu vermelden: 37,5 Prozent der diesbezüglichen Kosten kann Biberstein durch Bussen aus Geschwindigkeitskontrollen auf der Aarauerstrasse einfahren. M. Siegrist bat die Anwesenden in einem Anflug von Galgenhumor, im Interesse der Gemeindefinanzen, sich bei Geschwindigkeitsübertretungen nicht zurückzuhalten ... Man kann ihm für dieses ehrliche Wort mildernde Umstände zubilligen, weil die Ausfallstrasse zwischen Gemeindehaus und Wissenbach sehr übersichtlich ist und die Temporeduktion vor allem der Bussenkasse dient.
 
Der allzu hohe Wissenbach
Wissenbach ist ein Dorfteil im Westen des Zentrums von Biberstein, und der Wissenbach ist ein Bach, ein unscheinbarer, der im Sommer kaum Wasser führt. Allfälliges Wasser kommt jeweils vom Jura herunter, z. B. aus den Etzget und Chesletenrain. In früheren Jahren haben Landwirte das Rinnsal eigenhändig in die Höhe verlegt, damit weiter unten liegende Matten entfeuchtet wurden. Was an Wasser anfällt, ist hin und wieder mehr als das offene Gerinne schluckt, wenn man der „Gefahrenkarte Hochwasser Aargau“ Glauben schenken kann, die mit dem 100-jährlichen Hochwasser operiert. Der Engpass kann nach den behördlichen Feststellungen zu Überschwemmungen im Bereich der Wohngebiete in der Bachumgebung führen. Nun sollen 188 000 CHF verlocht werden, um das Gerinne aufzuweiten und die Durchlässe unter dem Aareweg und der Kirchbergstrasse zu vergrössern.
 
Hier ist eine grössere Abflusskapazität erwünscht, weniger aber bei den Beiträgen an Spital- und Sozialkosten. Ein gewisser Unterschied, auch hier.
 
Schulhaus: Dimensionen wahren
Die Planung eines neuen Schulhauses, das bis 11 oder 12 Mio. CHF kosten könnte und dessen Dimensionen auf überhöhten Schülerzahlen fusste, hat den Gemeinderat zum Glück nicht in eine Schockstarre versetzt. Er fühlte sich immerhin noch in der Lage, ein wesentlich günstigeres Projekt unter Einbezug der vorhandenen Bausubstanz ausarbeiten zu lassen.
*
Die BVB-Mitglieder, die in überraschend grosser Zahl erschienen waren, dürsteten nach einer Stärkung. Diese wurde in Form einer kräftigen Gulaschsuppe aus der Rohrer Metzgerei Speck aufgetragen. Die Flüssigkeit erinnerte an eine hocharomatische Ochsenschwanzsuppe: Eine vernetzte Fusion aus Rindfleisch, Kartoffeln und Gewürzen.
 
Gelegentlich können sich die Suppen, die man sich einbrockt, beim Auslöffeln auch als Delikatessen erweisen.
 
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