Textatelier
BLOG vom: 06.10.2011

Bier-Geschichten: Eiskeller, Brommel- und Wacholderbier

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Als ich am 28.09.2011 auf meiner Fahrradtour, von Lörrach D kommend, Maulburg erreicht hatte, entdeckte ich am Fusse des Scheinbergs einen alten Bierkeller, der früher als Eiskeller benutzt wurde. Dieser Keller wurde 1986 anlässlich der 1200-Jahr-Feier von Maulburg von G. Dietzig und W. Pixa instand gesetzt. Man weiss nicht genau, wann der Keller erbaut wurde. Es wird vermutet, dass er im 19. Jahrhundert angelegt worden ist. In Chroniken wird immer der Gasthof „Meyerhof“ genannt. Der Keller mit dem aufgemauerten Sandsteinportal diente der Gaststätte als Lagerstätte für Eisbrocken. Auf einer Info-Tafel war dies zu lesen:
 
„Diese Arbeit war eine willkommene Arbeit für die Maulburger Landwirte in den Wintermonaten, wenn die Arbeit auf den Feldern ruhte. Gleichzeitig verbesserte die winterliche Arbeit die ohnehin schmalen Einkünfte der ländlichen Bevölkerung. Wenn es genügend kalt war, wurde das Eis in einem Weiher im Gewann ,Barleten’ gebrochen und zur Lagerung in den 20 Meter langen Keller transportiert. Dort wurden die Eisklötze gestapelt und dienten so zur Kühlung von Bier. Selbst im Sommer konnte noch, trotz grosser Hitze, auf einen eisigen Vorrat aus dem Winter zurückgegriffen werden.“
 
Der Bierkeller wurde 1939 weiter ausgebaut und dann vom Strassenbaubataillon 559 genutzt. An den Sandsteinblöcken nagte jedoch der Zahn der Zeit. In 111 Arbeitsstunden konnten die erwähnten Initiatoren die Schäden beheben.
 
Am Schluss des Textes stand auf der Info-Tafel dies: „Wanderer haltet das Kulturgut in Ehren und verunziert es nicht mit Abfällen und Schmierereien.“
 
Das nützte jedoch wenig; denn im Keller, besonders in dem mit einem Gitter versehenen hinteren Teil, sah ich Abfälle aller Art. Diese Tendenz ist leider überall zu beobachten. Die Vermüllung der Landschaft bzw. der Kulturgüter schreitet immer mehr voran. Auch bei einer Strafandrohung wird trotzdem Müll herumgeworfen. Dies beobachtete ich bei unserer Radtour von Schopfheim D nach Weil am Rhein D am Wiesenufer. Wer das Ufer vermüllt, so stand es auf einer Tafel, muss 50 Euro berappen. Unterhalb der Tafel und im Gebüsch lagen Papierfetzten und Flaschen herum.
 
Keller in der Schweiz
In Deutschland und auch in der Schweiz waren früher viele Eiskeller im Gebrauch. So gibt es in der hohlen Gasse zwischen Magden und Rheinfelden CH einen Bierkeller, der vom Feldschlösschen-Gründer Theophil Roninger angelegt wurde. Der Gewölbekeller wurde 1867 in 2 Bauetappen in den Mergel des Waldstückes „Aengi“ eingebaut. Hier wurden Bier und der Eisvorrat gelagert. Der Keller hat übrigens eine Ganzjahrestemperatur von ca. 10 °C.
 
Diesen historischen Felsenkeller kann man besichtigen. Es wird eine begleitete Wanderung oder alternativ eine Fahrt mit der Kutsche (Sechs-Spänner) zum Bierkeller angeboten. Die Wanderung dauert von Rheinfelden aus eine ¾-Stunde. Die Besucher werden abschliessend mit einem frischen Feldschlösschen-Bier und Bierbrezeln belohnt.
 
Wer Lust hat, diesen Bierkeller zu besuchen, sollte sich bei der Brauerei anmelden (www.feldschlösschen.com).
 
In meinem Archiv fand ich einige amüsante Biergeschichten, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
 
Der Geizkragen
In meiner früheren Firma (Ciba-Geigy in Wehr) verrichtete ein Arbeiter seine Arbeit so recht und schlecht. Er zeichnete sich besonders durch seinen Geiz und Grossmäuligkeit aus. In dieser Firma war es üblich, dass an Geburtstagen etwas ausgegeben wurde. Der Geizhals überlegte scharf, was er spendieren und was nach Möglichkeit nichts oder nur wenig kosten sollte. Da kam er auf eine glänzende Idee. Er sammelte das Jahr über Bier in Flaschen, das er von Kunden oder Vertretern bekam. Am Geburtstag öffnete er den Spind und gab eine Runde Bier aus. Das wiederholte sich im nächsten Jahr. Dann wurde es den Kollegen zu bunt. Sie schlichen sich an seinen Spind, rückten ihn von der Wand und schraubten die Rückwand ab. Da sahen sie auch schon die Batterie von Bierflaschen. Sie leerten das kostbare Nass und verschlossen die Flaschen wieder sorgfältig. Die Flaschen wurden wieder zurückgestellt, der Spind verschlossen und an die entsprechende Stelle gerückt. Am Geburtstag nahm der Geizhals die überaus freundlichen Wünsche entgegen, dann holte er die Flaschen aus den Spind und sagte: „Bedient euch!“ Als er selbst eine Flasche öffnete und das Grinsen der Kollegen bemerkte, wurde er bleich und stammelte, er hätte die richtigen Flaschen zu Hause gelassen. Von nun an war dieser Bursche geheilt. An zukünftigen Geburtstagen liess er sich etwas Neues einfallen. Er sammelte kleine Schnapsflaschen.
 
Bier für den Mann
In Zell im Wiesental D lebte früher eine Frau, die eine scharfe, gebogene Nase und ein spitzes Kinn hatte. Kinder beleidigten die Frau, indem sie ihr „Alti Hex“ nachriefen. Sie ärgerte sich sehr und hatte für Kinder nichts übrig. Die Kinder merkten die Abneigung und trieben es immer toller. Bei jeder Gelegenheit wurde sie von den Heranwachsenden gepiesackt. Sie wurde immer verhärmter und wollte nichts von anderen Menschen wissen. Nur für ihren verstorbenen Mann, der zu Lebzeiten gerne einen trank, hatte sie etwas übrig. Bei jedem Friedhofsbesuch leerte sie eine Flasche Bier aufs Grab.
Quelle: „Weisch no?“ von Hans Fräulin, Zell, 1994.
 
Sohn holte Bier
Hans Einsle erzählt in seinem Buch eine schwäbische Episode: Ein Vater schickte seinen Sohn zum Bierholen. Auf dem Rückweg trank er den halben Krug leer. Um dem Zorn seines Vaters zu entgehen, brannte er durch und reiste nach Amerika. Dort hatte er unglaubliches Glück. Reich kehrte er jedoch wieder in sein Heimatland zurück. Und was tat der wackre Schwabe? Er ging in die Wirtschaft, holte einen vollen Krug Bier und ging zu seinem Vater. Er überreichte ihm das Getränk mit folgenden Worten: „Do, Vatter, wär des Bier!“ Aus diesem Beispiel ersehen wir, dass ein rechter Schwabe immer wieder in heimatliche Gefilde zurückkehrt.
 
Ältester Bierstammtisch
Dieser befindet sich in Heidelberg. Seine Gründung geht auf das Jahr 1710 zurück. Die Besucher dieses Stammtisches sind alle über 80 Jahre und trinken allabendlich ihr Glas Bier. Wenn ein neuer Stammgast aufgenommen wird, muss er schwören, niemals einen politischen Streit anzufangen.
 
Tröstel- und Brommelbier
Früher wurde das „Tröstelbier“ auf dem Lande getrunken, wenn ein Verwandter oder Nachbar zu Grabe getragen wurde.
 
Ein „Brommelbier“ stifteten unverheiratete Meister ihren unverheirateten Kollegen, weil diese mehr Geld im Sack hatten.
 
Während der Ernte wurde ein „Erntebier“ ausgeschenkt. Dieses gibt es mancherorts noch heute.
 
Je nach Jahreszeit oder bei besonderen Ereignissen gab es Kirmes-, Oster-, Pfingst-, Hochzeits-, Kindel- oder Schiffsbier.
 
Quelle der letzten drei Episoden: „Baden-Württemberg von A-Z“ von Hans Einsle, Horst Erdmann Verlag, Tübingen 1979.
 
Bier von 14 Bierbrauerein reichte nicht
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Stuttgart 14 Bierbrauereien. Das Bier reichte aber nicht aus, um den Durst der Städter zu stillen. Es mussten beträchtliche Mengen des Gerstensaftes von auswärts eingeführt werden. Für Geselligkeit sorgten darüber hinaus viele Weinhäuser, die scherzhaft als Kneipen bezeichnet wurden, und 5 Kaffeehäuser (1841).
 
Blicken wir zurück: 1709 wurde nach einem schlechten Weinjahr das erste Bierhaus in Stuttgart errichtet („Gasthaus zum Becher“ am inneren Esslinger Tor). Wilhelm Seytter: „Noch im ganzen 18. Jahrhundert hielt es der ehrbare Bürger für eine Schande, in das Bierhaus zu gehen, da ja Bier nur von Handwerksburschen und Soldaten genossen werde.“
Quelle: „Unser Stuttgart“ von Wilhelm Seytter, Max Kielmann Verlag, Stuttgart 1903.
 
Sie mussten Millionen Liter austrinken
Die Biberacher waren in vergangner Zeit fleissige Biertrinker. 1837 hatten 25 Brauereien hier ihr Auskommen. Die 4700 Einwohner mussten 2 Millionen Liter Bier austrinken, da sich trotz Bemühungen ausserhalb des Orts das Gebraute kaum verkaufen liess.
Quelle: „Biberach an der Riss – ein Gang durch Vergangenheit und Gegenwart einer alten Reichsstadt“ von Peter Griesinger, Biberach 1969.
 
Bier mit Wacholder und Zimt
1739 tauchte in Ulm eine schwäbische Variante des Reinheitsgebotes auf. Es wurden Gerste, Malz, Hopfen, Salz, Hefe und Wasser zum Brauen von weissem und braunem Bier erlaubt. Um dem Bier „einen guten Geschmack, Geruch und Anmutigkeit zu machen“, wurden Zusätze von Wacholder, Wermut, Zimt, Nelken erlaubt.
 
In der württembergischen Bierordnung von 1644 wurde zum Brauen nur Gerste oder Weizen und, bei Mangel an diesen Getreidearten, Dinkel erlaubt, ferner Hopfen, Wasser und geringe Mengen von Wacholder, Kümmel und Salz. Andere Kräuterzusätze und Verfälschungen waren verboten.
Quelle: „Wirtschaftsgeschichte Baden-Württembergs“ von Willi A. Boelcke, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1987.
 
Und zum Schluss noch 3 Witze und einige bierige Sprüche:
 
Dein Vater ist betrunken
2 kleine Jungs kommen sich in der Schulpause in die Haare. Sagt der eine: „Dein Vater ist aber hässlich.“
„Dein Vater ist immer betrunken“, antwortete der andere Bursche.
Der Freund überlegte kurz und antwortete sehr schlagfertig: „Das ist nicht so schlimm, mein Vater wird wieder nüchtern, aber deiner bleibt hässlich!“
 
Amerikaner kaute am Bierdeckel
Ein besonders schlauer US-Amerikaner ist Gast im Hofbräuhaus. Er trinkt ein Bier und kaut immer wieder an Bierdeckeln. „Hats gschmeckt?“ fragt die Kellnerin freundlich. Der Amerikaner antwortet: „Bier sehr gut, aber Kekse sehr hart.“
 
Pfarrer liebte Bier
Ein katholischer Pfarrer ging so oft er konnte in die Wirtschaft, um am Stammtisch zu labern und auch ein gutes Quantum Bier zu trinken. Eines Tages kam er wieder angesäuselt nach Hause und fand eine verschlossene Tür vor. Er klopfte und klopfte, aber die Haushälterin öffnete nicht. Dann rief er laut ihren Namen. Die Haushälterin entgegnete durch die Tür: „Ich mache erst wieder auf, wenn Sie nie mehr in die Wirtschaft gehen.“ Dann sagte der Pfarrer: „Wenn Sie die Tür nicht aufmachen, erzähle ich den Leuten, dass es keine Hölle gibt.“
 
Bierige Sprüche und Lebensweisheiten
„Intelligenz säuft, deshalb bin ich auch nie nüchtern.“
 
„Bei kaltem Wetter läuft die Nase, bei kaltem Bier passiert´s der Blase.“
 
„Hätt’ Adam deutsches Bier besessen, hätt´ er den Apfel nie gegessen!“
 
„Mit des Bieres Hochgenuss wächst des Bauches Radius.“
 
Internet
www.kerbborsche.de (lustige Bier-Sprüche)
 
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