Textatelier
BLOG vom: 09.12.2010

Wo ist die Würde und wo sind denn die Rechte der Tiere?

Autorin: Lislott Pfaff, Schiftstellerin, Liestal BL/CH
 
In der sogenannten „Basler Deklaration“ bekennen sich über 60 Wissenschafter aus der Schweiz, Deutschland, England, Frankreich und Schweden einerseits zum „Respekt gegenüber der Würde der Tiere“, andererseits wehren sie sich gegen strengere Vorschriften bei Tierversuchen. Ein völlig unwissenschaftlicher Widerspruch.
 
Auf dem Papier ist zwar das schweizerische Tierschutzgesetz relativ streng, wird aber in der Praxis kaum angewandt. Obwohl darin bestimmt wird, dass ein Tierversuch nur bewilligt werden darf, wenn keine adäquate Alternative verfügbar ist, werden solche Alternativen bei der behördlichen Bewilligung von Tierexperimenten kaum berücksichtigt. Und doch gibt es sie in grosser Zahl: Zellkulturen, mathematische Modelle, virtuelle Darstellung der menschlichen Organfunktionen auf dem Computer-Bildschirm, wo die Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente geprüft werden können, usw. Würden all diese tierversuchsfreien Forschungsmethoden in der Praxis angewandt, so hätte in den letzten 6 Jahren die Anzahl der in den Labors verbrauchten Tiere nicht kontinuierlich zugenommen auf die erschreckende Zahl von über 706 000 im Jahr 2009. Schlimmer noch, laut Tierversuchs-Statistik des Bundesamtes für Veterinärwesen haben die Experimente, die mit schwerstem Leiden und extremen Ängsten beim Tier verbunden sind (Versuche des Schweregrads 3), gegenüber 2008 um 12,5 % zugenommen. Mit anderen Worten, allein im Jahr 2009 wurden über 17 000 Tiere solchen grausamsten Leiden unterworfen. Von 3329 Gesuchen für Tierversuchs-Projekte, die Forschende eingereicht hatten, wurden ganze 10 von den Kantonen abgelehnt. Eine traurige Bilanz…
 
Tierversuche würden emotionalisiert und kaum noch sachlich diskutiert, beklagten sich die Forscher in Basel anlässlich der Konferenz zum Thema. Ich möchte bloss wissen, wie ich über das bewusste Quälen und Töten von weltweit Millionen von Tieren jährlich sachlich diskutieren könnte. Das wäre nur möglich, wenn ich die Tiere als Sachen betrachten würde. Diese antiquierte Vorstellung haben wir jedoch zumindest in der Schweiz 2003 mit einer entsprechenden Gesetzesbestimmung hinter uns gelassen. Auch in anderen europäischen Ländern bestehen Vorschriften in dieser Richtung. Immer wieder werden Menschen, die Mitleid mit Tieren haben, von der Pharmalobby und ihren Forschern der Emotionalität bezichtigt. Das habe ich selbst vor Jahren erlebt, als ich mich öffentlich gegen Tierversuche engagierte. Wie arm und kalt wäre doch unsere Welt, wenn es keine Emotionen mehr gäbe! Die Menschheit würde in kurzer Zeit aussterben, wenn erotische Gefühle und Empfindungen ausgerottet würden und nur noch Sachlichkeit angesagt wäre.
 
Die Parteien mit dem christlichen C im Namen, die CVP Basel-Stadt und Baselland, warnen vor einer „übermässigen Einschränkung“ der Forschung an Tieren. Ist das alles, was das Christentum zu ihrem Parteiprogramm beiträgt? Oder hat gar der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner recht, wenn er sagt: „Gegenüber den Tieren ist der Mensch ein Gewohnheitsverbrecher.“ Der Mensch inkl. der Christ … Sogar der ETH-Professor Hans-Peter Schreiber, seines Zeichens Ethiker, warnte davor, dass schärfere Regeln im Tierschutz-Recht die Schweiz isolieren würden. Wie kleinmütig und feige doch auch so genannte Ethiker sein können! 
 
Ich habe Mühe, den Versprechen der Wissenschafter zu glauben, die sich zum Respekt gegenüber der Würde der Tiere bekennen. Solche Versprechen hörte ich schon während der Abstimmungskampagnen zu den Volksinitiativen gegen die Vivisektion, über die 1985, 1992 und 1993 abgestimmt wurde. Jedesmal glaubte das Volk den Versprechen der Forschenden in der Pharmaindustrie und an den Universitäten, verwarf die Initiativen – und wurde im Nachhinein von denselben Forschenden enttäuscht. Abgesehen davon kann ich mir keinen grösseren Widerspruch vorstellen als Respekt gegenüber der Würde von Tieren und dem Umstand, dass man sie gleichwohl um einer sinnlosen medizinischen Erkenntnis willen foltert und leiden lässt.
 
In allen Bereichen, in denen eine Verbesserung von sozialen oder anderen Missständen angestrebt wird, malen die Gegner das Schreckgespenst einer Isolation der Schweiz innerhalb Europas oder der Abwanderung der betroffenen Wirtschaftskreise ins Ausland an die Wand. So auch hinsichtlich einer Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet der Tierversuche. Wer könnte denn solchen Standarddrohungen noch Glauben schenken? Die Schweiz als humanitäres Land sollte doch mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es um grundsätzliche ethische Fragen geht. Gegenüber dem Ausland könnten wir mit diesem Beispiel punkten, und der Wirtschaftsstandort Basel würde dabei nicht geschwächt, sondern könnte nur gewinnen.
 
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