Textatelier
BLOG vom: 17.12.2009

Aisling erweitert den Horizont dank Caitlin in New York

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Als ich, dank seiner Hefte, Aisling besser kennen lernte, decken einige seiner Erinnerungen auf, dass er 1. wenig Sitzleder hatte und 2. ihm aufging, dass er seinen engen irischen Zirkel sprengen musste. Seine Welt durfte keine „irische Auster“ bleiben. Er mochte nach seiner Rückkehr aus Shanghai ein halbes Jahr in London verbracht haben, ehe er sich mit Caitlin nach Amerika einschiffte.
 
Viele seiner Äusserungen überdecken sich mit meinen eigenen, dem Leben abgerungenen Erkenntnissen und beeinflussten meine Auswahl aus seinen Texten, worunter diese:
 
Als Jüngling war ich stets von einer inneren Unruhe getrieben. Weder ich noch die Uhr standen still. Wieder in London, musste ich jedoch eine Pause einlegen und mich fragen: Wie soll es weitergehen? Mein Schulsack war eher leichtgewichtig und einseitig. Mit der Zither und Balladen allein, steckte meine Grammophonnadel fest in einer sich wiederholenden Rille. Meine Musikkenntnisse waren zu rudimentär und beschnitten.
 
Ich vertraute mein Dilemma meiner Freundin Caitlin an. Sie spielte recht fingerfertig Piano, sogar klassische Stücke. Ein gutes Musikgehör war mir angeboren, und ihr Vorschlag, dass ich das Klavier als 2. Instrument erlernen sollte, leuchtete mir ein, besonders, als sie hinzufügte, dass mir dieses Instrument dazu verhelfen könnte, eigene Stücke zu komponieren – wie unterhaltsame Singspiele als Intermezzi geeignet, etwa in einem Auftritt in einem der damals populären Boulevardtheater oder „Music Halls“ in London. Sie hatte einen Stapel von Notenheften mit Tänzen und Schwänken für Piano und Singstimme. „Lass‘ dich davon inspirieren“, riet sie mir. Caitlin gab mir Klavierunterricht. Ich übte wie besessen. Innerhalb von 2 Monaten sangen wir unsere ersten Duette, die sie am Klavier begleitete. Eine Gitarre kam zu meinem Instrumentarium, und es gelang mir bald, die Akkorde zu greifen.
 
Die Weihnachtszeit rückte heran, als wir ein Unterhaltungsprogramm für kleinere Anlässe wie Hochzeiten und andere Festlichkeiten, beisammen hatten. Einige andere Musiker beteiligten sich an unserem Unterfangen. Von unseren Anfangserfolgen ermutigt, sahen wir uns schon im Rampenlicht von grösseren Bühnen.
 
Aber soweit war es noch lange nicht … Die Welt ist voller Unterhaltungsmusiker, die besser spielten als wir! Warum nicht in einem Dampfer nach Amerika in der Bord-Kapelle mitspielen? Das würde unsere Überfahrt finanzieren. Selbst hier waren wir einer grossen Konkurrenz ausgesetzt. Ohne Caitlin wäre dieser Plan gescheitert. Während einer Audition wurde sie gefragt, ob sie tanzen könne. „Natürlich“, sagte sie, „sogar einen Flamingo, wenn Sie wollen“. Wir wurden eingestellt. Für Kost und Logis war gesorgt. Der Verdienst war vom Trinkgeld abhängig. In einem Luxusdampfer verliessen wir guter Dinge London. Ein grösserer Gegensatz zu meiner 1. Seefahrt liess sich nicht ausdenken. Wir fuhren ins „gelobte Land der unbegrenzten Möglichkeiten“.
 
„Keep on dreaming (Träumt weiter!)“, meinte der schwarze Jazztrompeter. Er hatte Recht. Die Freiheitsstatue streckte warnend ihren Arm hoch. Kaum hatten wir das New Yorker Pflaster unter den Füssen, wurde uns klar, dass unser Trinkgeld nicht lange anhalten würde. Zum Glück hatte uns der Trompeter eine billige Unterkunft in Harlem empfohlen. Wir fühlten uns fremd und verloren in dieser Stadt. Das Einzige, was leuchtete, waren die Leuchtreklamen. Jedes Gespräch drehte sich um den verdammten Dollar. Der Gegensatz zwischen Arm und Reich war krass. Welche Aussichten hat dort ein junges Paar irischer Abstammung? In einem Ghetto versinken und verschwinden?
 
Hinweis auf die vorangegangenen Aisling-Blogs
16.12.2009: Ahoi! Aisling wird angeheuert – Übersee nach Shanghai
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
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