Textatelier
BLOG vom: 29.11.2009

CH-Minarettverbot: Religionseinfluss unbedingt zurückbinden

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG (Textatelier.com)
 
Eigentlich bin ich froh darüber, dass es einen starken, ja weltweit erstarkenden Islam gibt, weil er die grausame Macht des vom Vatikan geprägten Christentums begrenzt. Doch möchte ich selber niemals unter der Scharia, dem „unabänderlichen Gesetz des Islams“ leben. Mir sind demokratische Verhältnisse lieber als religiöse Zwangsvorschriften, die mich in meinen Denk- und Bewegungsfreiheiten einschränken.
 
In einer Demokratie, die ihren Namen verdient, ist die Religionsfreiheit ein hohes Gut; dazu gehört auch die Freiheit, von jeder Religion frei zu sein, die ich seit meinem 18. Lebensjahr mit anhaltender, ja zunehmender Begeisterung praktiziere. Wer sein Heil bei einer Religionsgemeinschaft sucht und allenfalls sogar findet, soll dabei nicht behindert werden. Auch die Religionsfreiheit ist ein demokratischer Wert.
 
Doch grundsätzlich geht es darum, alle Religionen (und Sekten) zurückzubinden, ihrer verheerenden Einflüsse wegen, weit über die Unterdrückung der Frauen hinaus (ich habe noch nie verstehen können, dass es religionshörige Frauen überhaupt geben kann). Damit meine ich, dass Staat und Religion strikte getrennt werden sollten; es geht auch nicht an, dass der Staat über seine Steuerinfrastruktur gleich auch noch die Kirchensteuern einzieht, obschon ich davon als „Konfessionsloser“ nicht betroffen bin. Es kann ja wohl niemand von mir erwarten, dass ich kirchliche Machtstrukturen finanziell unterstütze. Zumal mir auch wenig daran gelegen ist, in den christlichen Himmel zu kommen.
 
Besonders verzwickt ist die Lage beim Islam, wo das religiöse Recht identisch mit der staatlichen Gesetzgebung ist, wo sich also Religion und Politik/Staat durchmischen. Selbstverständlich darf das in islamischen Staaten so sein, solange die dortige Bevölkerung damit zufrieden ist. Das ist zu respektieren. Jeder Staat soll sich ja auf seine eigene Weise den Weg in himmlische Sphären bahnen dürfen. Aber wenn sich eine solche Religion in ein demokratisches Gebilde einnistet, wird es schwierig. Die übers Religiöse hinausgehenden Vorschriften zur Lebenshaltung sind nicht mehr unter den Begriff Religionsfreiheit zu subsumieren; denn sie gehen weit darüber hinaus. Genau genommen kann ein Muslim in einem demokratischen Staat nicht alle von dessen Gesetzen nachvollziehen; denn da kommt ihm seine eigene Scharia, das islamische Recht also, in die Quere, mithin die von Gott gesetzte Ordnung im Sinne einer islamischen Normativität. Und nach islamischer Auffassung befindet sich die Religion ganz oben, zuoberst. Und das verträgt sich nicht mit demokratischen Prinzipien.
 
Hier liegt also das Kernproblem und nicht bei ein paar Minaretten, den Leuchttürmen der Moscheen, auf denen die Gebetsrufer oder Tonband-bestückte Lautsprecher fünfmal am Tag zum Gebet rufen. Dieses Problem wäre auch über Handys zu lösen.
 
Die Minarette sind sicher Machtsymbole, genau wie die christlichen Kirchtürme oder die Kuppeln auf einigen jüdischen Synagogen auch. Selbstverständlich sind die Probleme, die Religionen der Menschheit eingebrockt haben, nicht damit zu lösen, indem man den Bau solcher Türme verbietet; denn die Religionsausübung würde damit nicht tangiert. Man kann schliesslich auch in einer turmlosen Kirche einen Gottesdienst feiern.
 
Dennoch haben die Stimmberechtigten der Schweiz heute, am Abstimmungstag vom 29.11.2009, die Initiative, die ein Bauverbot von Minaretten verlangt, überraschend deutlich angenommen: Mit 57 % Ja gegen 43 % Nein; mehrheitlich Nein sagten nur die Kantone Genf, Neuenburg, Waadt und der Halbkanton Basel-Stadt. Wie die erwähnten Türme ein Symbol sind, so war auch die Anti-Minarett-Initiative bloss ein Erkennungszeichen für das Missbehagen gegenüber einer Religion, die auch die Gesetzgebung für sich beansprucht. Das kam z. B. bei der Verweigerung am Schwimmunterricht oder in Bezug auf Zwangsehen zum Ausdruck.
 
In Diskussionen kann man solche Zusammenhänge zum Ausdruck bringen – d. h. man könnte, gehen sie doch meistens am Wesentlichen vorbei. Doch bei Volksabstimmungen kann man nur Ja oder Nein sagen. Und im gegebenen Zusammenhang ist das Ja zum Minarett-Verbot in der Schweiz ein deutlicher Ausdruck gegen die Separation von Einwanderern aus religiösen Gründen (fehlende Integrationsmöglichkeiten) und Wertvorstellungen, die von jenen des Gastlands abweichen. Aus solchen Gründen habe auch ich der Initiative aus Überzeugung zugestimmt. Und Vorwürfe aus islamischen Kreisen, es ermangele uns Schweizern an Vernunft und Menschlichkeit, akzeptiere ich nicht, trage sie aber als Befürworter der Meinungsfreiheit mit Fassung.
 
Grundsätzlich stimme ich jederzeit allen Massnahmen zu, die auf eine Zurückbindung der Macht von allen Religionen aller Art abzielen; alle Bibel-Religionen, einschliesslich das Judentum, sind kriegerisch. Die Weltgeschichte, die weitgehend Religionsgeschichte ist, und die Kriege, die in ihrer Mehrheit Religionskriege waren, haben mich zu dieser Haltung geradezu gezwungen. Ich brauche keine Religion, die mich in ihre Abhängigkeit bringen und mir ihre eigennützigen Wertvorstellungen aufoktroyieren will – ich bemühe mich um ein ethisches Verhalten, das ich mir selbst von Religionspropagandisten nicht beeinträchtigen lassen will.
 
Deshalb beurteile ich den Schweizer Abstimmungsentscheid als weise. Hoffentlich war er ein Anfang für weitere Bremsaktionen gegen die Macht der Religionen.
 
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