Textatelier
BLOG vom: 09.06.2009

Obama-Stilbruch 21: Die Massregelung des Iran, wie gehabt

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Was würden Sie sagen, wenn ein Nachbar, der ganze Hallen voll Autos besitzt, zu Ihnen käme und sagen würde, er dulde absolut nicht, dass Sie ein Auto kaufen? Ich kann es mir vorstellen.
 
Genau das ist die US-amerikanische Politik der stolzen Nation Iran gegenüber, die bisher noch nie einen Krieg angezettelt hat – im Gegensatz zur Kriegsnation USA, die ein riesiges Atombombenarsenal besitzt und in Japan bereits 2 Atombomben zum Einsatz brachte. 2008 tätigten die USA mit 607 Milliarden USD mit Abstand die grössten Militärausgaben, fast die Hälfte davon, was weltweit für Kriegsspiele verpulvert wurde (1,464 Billionen USD). Dahinter folgt China mit relativ bescheidenen 84,9 Mia. USD.
 
Die USA sorgten zusammen mit Frankreich auch dafür, dass Israel zu einer der stärksten Atommächte dieser Erde werden konnte, auch wenn das von Jerusalem höchstens indirekt zugegeben, meistens aber geleugnet wird. Man darf das wohl schon wieder einmal in Erinnerung rufen. Aber für diese westlichen Nuklearmächte ist klar, dass iranische Atombomben „inakzeptabel“ sind. Wollte man dem Iran Atomwaffen verbieten, müsste man zumindest Israel zur nuklearen Abrüstung zwingen.
 
Iranische Regierungsmitglieder sagen zwar, das Atomprogramm ihres Landes habe einen rein friedlichen Charakter, was natürlich niemand glaubt. Es wäre ja auch eine strategische Dummheit, wollte der Iran der massiven atomaren Bedrohung aus dem nahen kriegerischen Israel nicht mit adäquaten Mitteln begegnen: eine Eskalation der Gewaltvorbereitungen, die ihren Anfang nicht im Iran genommen hat. Israel ist die fünftgrösste Atommacht der Welt, beansprucht für sich eine Sonderstellung und hält sich kaum an internationale Konventionen. Nicht einmal dem allmächtigen Barack Obama gelang es bisher, wenigstens den israelischen Siedlungsbau auf dem gestohlenen palästinensischen Land zu stoppen; der Beutezug geht weiter. Doch in Bezug auf das Verhältnis USA/Israel hat dies offenbar keine Konsequenzen. Da wird mit Samthandschuhen gestreichelt.
 
Das „Handelsblatt“ berichtete am 06.06.2009: „Die USA und Frankreich haben ihr striktes Nein zur Atompolitik des Irans bekräftigt. US-Präsident Barack Obama betonte nach einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Caën F, die USA seien zu einer Verbesserung der Beziehungen zu Teheran bereit, könnten aber nicht akzeptieren, dass der Iran die Weiterverbreitung von Atomwaffen vorantreibe. Sarkozy betonte (...), zwar habe der Iran das Recht auf ,zivile Atomkraft’, nicht aber auf ,militärische Atomkraft’. ,Die USA und Frankreich gehen in dieser Frage Hand in Hand.’“
 
Diese westliche Politik (Motto: „Wir schon, die Anderen nicht“) schlägt jedem Gerechtigkeitsempfinden brutal ins Gesicht. Etwa 8400 stationierte Atomwaffen gibt es auf diesem Pulverfass Erde, die meisten in Russland und in den USA. Israel seinerseits soll seit 1967 Atomwaffen besitzen (heute nach verschiedenen Quellen zwischen 70 und 200) – als einziger Staat im Nahen Osten. Israel rüstet zurzeit weiterhin militärisch kräftig auf, wie aus der am 08.06.2009 veröffentlichten Studie des Internationalen Konversionszentrums BICC hervorgeht. Im neu erfundenen „Globalen Militarisierungsindex“, der die Militärausgaben eines Landes ins Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP) und zu den Ausgaben für medizinische Versorgung setzt, ist Israel hinter Eritrea und Syrien auf Platz 3 – der Militarisierungsgrad ist hier also besonders hoch.
 
Doch durfte über Israels Atomwaffenarsenal nicht einmal gesprochen werden, bis Ehud Olmert im Dezember 2006 den Atomwaffenbesitz in einem Fernsehinterview mit SAT1 indirekt zugegeben hat. Offiziell wird das israelische Atomwaffenarsenal zwar weiterhin geleugnet.
 
Wahrscheinlich wurde dieses über die Zusammenarbeit zwischen Israel und Frankreich seit den 1950er-Jahren aufgebaut: Frankreich hat Israel bei seinem Atomwaffenprogramm geholfen und dafür militärische Unterstützung im Suez-Krieg bekommen. Heute ist Israel laut dem in den USA lebenden politischen Autor und Linguistik-Professor Noam Chomsky „die regionale Supermacht, eine grosse Nuklearmacht, ihre Luftwaffe technologisch weiterentwickelt als die jedes Nato-Staates mit Ausnahme der USA“ (Quelle: „Welt“, 16.01.2005).
 
Friedensschalmeibläser Obama
Obama machte Anfang Juni 2009 seine Tour der grossen Gesten durch den Nahen Osten und Europa, die schon im Voraus als „historisch“ bezeichnet wurde, aber in der Praxis kaum über verbale Unverbindlichkeiten hinaus kam. Er schlug – im Gegensatz zu seinem Vorgänger George W. Bush – keine kriegerischen Töne an, sondern machte auf Versöhnung. Die jeweils von 2 Telepromptern abgelesenen Worte des Redenschreibers des Präsidenten, Ben Rhodes, kamen aus Obamas Mund gut an. Die Worte waren wohltuend, genau das, was die Welt hören wollte. Versöhnung statt Bomben. Ein Gegenstück zur unsäglich einfältigen, verantwortungslosen Politik seines Vorgängers Bush II. Es braucht allerdings wenig, um es besser als dieser zu machen.
 
Wie sieht die Praxis aus? Wer als Versöhnungsmoderator mit Heiligenschein auftritt, muss gerecht sein, alle gleich behandeln und selber mit dem besten Vorbild vorangehen. Obama aber toleriert die Atombombe bei Israel, das sich den Arabern gegenüber erwiesenermassen schäbig, unkorrekt verhält, stösst zwar ein paar mahnende Worte an die Adresse von Israel aus, denen aber keinerlei Konsequenzen folgen; ja, die USA wollen laut Obama „ein unerschütterlicher Verbündeter von Israel“ bleiben. Das heisst im Klartext, dass sich Israel auch in Zukunft alles erlauben kann, ohne der Unterstützung durch die USA verlustig zu gehen, selbst wenn es sich sogar um dessen Minimalforderung des Stoppens des Neu- und Ausbaus von Siedlungen in dem von Israel illegal besetzten Westjordanland foutiert und von einer Zweistaatenlösung Israel/Palästina ebenfalls nichts wissen will. Ein Blankoscheck.
 
Israel will die Herrschaft über alle gestohlenen Gebiete behalten, zeigt sich höchstens zu einer Art Selbstverwaltung der Palästinenser bereit. Das ist kalter Kaffee. Schon im September 1982 hatte Ronald Reagan einen Rückzug Israels aus den besetzten palästinensischen Gebieten und eine Selbstverwaltung für die Palästinenser vorgeschlagen, was schon damals an der strikten Ablehnung durch Israel scheiterte ... aber der immerwährenden Freundschaft USA/Israel keinen Abbruch tat. Das nährt das Gerücht, die USA seien der Vasall Israels –und nicht etwa umgekehrt ...
 
Das auserwählte Israel darf ungestraft alles tun, was ihm gefällt, wie kürzlich in Gaza, wo laut Uno-Generalsekretär Banki Moon „von Israel die Grundlagen jeder zivilen Gesellschaft zerstört“ wurden. Aber beim Iran wird das Bombenbasteln, ausgelöst durch die Bedrohung aus Israel, konsequent nicht toleriert. Dabei müssten die USA, um bei den Arabern glaubwürdig zu werden, auf allen Seiten für Recht und Ordnung sorgen, wozu ein Rückzug von Israel aus allen seit dem Sechstagekrieg von 1967 besetzten Gebieten gehören würde.
 
Der Westen krankt schwer an seiner ausschliesslich auf Eigennutz kaprizierten, unkorrekt einseitigen Art von weltpolitischer Haltung. Ob Obamas Töne nun härter oder sanfter oder voll von rhetorischem Zauber sind: Auf diese Weise bringt er es nicht zum Friedensstifter, sondern bleibt in der US-Rolle als Brandstifterin gefangen. Die von Obama beschworene „partnerschaftliche Zusammenarbeit“ mit den Arabern ist unter solchen Prämissen undenkbar.
 
Man begreift die Verbitterung des geistlichen Oberhaupts von Iran, Ayatollah Ali Khamenei, der schon im Vorfeld von Obamas Rede in Kairo in einer TV-Ansprache ahnte, was kommen würde: „Auch wenn sie (die Amerikaner) süsse und schöne Reden vor den muslimischen Ländern halten, ändert dies nichts.“ Auf Worte müssten Taten folgen, forderte Khamenei, laut „NZZ“-Berichterstattung. Israel wiederum bezeichnete er als „Krebsgeschwür“ im Herzen der muslimischen Welt.
 
Eine Erlösergestalt wie Obama, die das Reich Gottes (bzw. der USA) auf Erden schaffen will, müsste wissen, dass es keinen Frieden ohne allumfassende Gerechtigkeit gibt. Aber selbst die Sache mit den Religionen und ihren Heilsbringern hat in den vergangenen Jahrtausenden einfach noch nie so richtig funktionieren wollen. Siehe ständig wachsende Militärausgaben, die immer neuen Kriegen vorangehen.
 
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