Textatelier
BLOG vom: 16.12.2008

Telefonstreiche: Als Sarah Palin mit Sarkozy plauderte ...

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Stellen Sie sich einmal dies vor: Sie bekommen einen Anruf von einem Prominenten, sei es von der Bundeskanzlerin Angela Merkel oder vom derzeitigen Bundespräsidenten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Pascal Couchepin. Wie reagieren Sie? Entweder glauben Sie an einen Scherz (solche gab es in der Vergangenheit durch Stimmen-Imitatoren), oder Sie werden zaghaft fragen, was der Anrufer denn möchte. Ich würde zunächst vor Schreck erblassen, falls sich Herr Couchepin melden sollte. Habe ich doch in meinem Buch Richtig gut einkaufen(Verlag Textatelier.com GmbH, Biberstein) seine Behauptung erwähnt, das Muskelfleisch von BSE-Rindern sei für den Menschen „risikolos“, und man könne in- und ausländisches Fleisch bedenkenlos essen. Meine Kapitelüberschrift lautete: „Essen Sie ein BSE-Steak, Herr Couchepin?“ Vielleicht wollte er mir in dem fiktiven Telefongespräch seine Erfahrungen mitteilen oder seinen Frust loswerden. Die Bundeskanzlerin würde sich vielleicht verächtlich abwenden und von einer Fehlschaltung sprechen oder von ihrer Freundschaft mit George W. Bush schwärmen.
 
Aber betrachten wir einmal Telefonstreiche und ungewöhnliche Telefonate, die es wirklich gab.
 
Anruf von Obama: War es ein Schauspieler?
„Wenn der Obama dreimal klingelt“, so lautete eine Schlagzeile in der „Badischen Zeitung“ am 10.12.2008. Als ich den Text las, konnte ich ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Der künftige US-Präsident wollte nämlich dem Kongressabgeordneten Ros-Lethinen zur Wiederwahl gratulieren. Er geriet jedoch an die Frau des Abgeordneten Ilana. Diese vermutete einen Telefonscherz einer Radiostation. Beim ersten Telefonat lobte sie die grandiose Leistung des Schauspielers. Beim 2. Versuch wurde Obamas Stabschef Rahm Emanuel eingeschaltet. Er rief an, gab sich als Stabschef von Obama aus und kündigte seinen Chef an. Aber auch diesmal blitzte der Anrufer ab. Barack Obama bat nun einen befreundeten Abgeordneten um Hilfe, der dann das Gespräch ermöglichte. Die Angerufene bekam wahrscheinlich einen roten Kopf und wird wohl in Zukunft die Identität des künftigen Präsidenten nicht mehr anzweifeln. Ganz lustig fände ich es, wenn dann tatsächlich ein Schauspieler ihr etwas ins Ohr einflössen würde. In diesem Fall würde sie wohl alles glauben.
 
Palin plauderte mit falschem Sarkozy
Der ehemaligen US-Vize-Kandidatin Sarah Palin wurde es ganz warm ums Herz, rief doch der französische Präsident Nicolas Sarkozy 3 Tage vor der US-Wahl an und flüsterte ihr angenehme Dinge ins Ohr. Er entlockte ihr sogar ein Statement zu ihren Ambitionen.
 
Sie war ganz ausser sich vor Freude. Sie antwortetee euphorisch: „Es ist so toll, Sie zu hören! Danke, dass Sie uns anrufen! Wir haben Hochachtung vor Ihnen – John McCain und ich, wir lieben Sie.“¨
 
Am Telefon war jedoch nicht der französische Präsident, sondern der Radiomoderator Marc-Antoine Audette.
 
Dieser Schlingel lud die Palin zu einer Seehundjagd ein. Sie fühlte sich geschmeichelt, und sie könne sich gut vorstellen, an einer solchen Jagd teilzunehmen, sagte die schiessfreudige Politikerin, die gern auf die Jagd geht.
 
Als der falsche Sarkozy ihr mitteilte, er könne sich Palin gut im Präsidentenamt vorstellen, antwortete sie hocherfreut: „Nun ja, vielleicht in 8 Jahren.“
 
Dann fuhr der Komiker, der in einem übertriebenen französischen Dialekt sprach, stärkere Geschütze auf. Er meinte, seine Frau Bruni sei ganz „heiss“ im Bett und sie habe ein Lied für Palin über „Joe, den Klempner“ geschrieben. Der Scherzbold erkundigte sich laut „Spiegel online“ vom 02.11.2008, ob es sich bei dem Klempner um ihren Ehemann handle. Dann behauptete Audette, er habe einen wunderbaren pornographischen, vom „Hustler Magazin“ produzierten Dokumentarfilm über Palin gesehen. Es war jedoch eine Doppelgängerin, die in exzellenter Weise während des US-Wahlkampfes für Furore sorgte.
 
Nachdem sich Audette zu erkennen gegeben hatte, rief die Übertölpelte aus: „Oh, wurden wir verulkt?“
 
Audette hat übrigens in der Vergangenheit schon etliche Prominente hinters Licht geführt. Unter den Prominenten waren Jacques Chirac, Mick Jagger, Britney Spears.
 
In einer Presseerklärung wurde krampfhaft versucht, die Sache herunterzuspielen. Es wurde behauptet, Palin sei froh, in den erlauchten Kreis der Riege von Berühmtheiten, die auf Telefonstreiche hereingefallen sind, aufgenommen worden zu sein.
 
Ein Scherzanruf alarmierte Pakistans Luftwaffe
Am 05.12.2008 wurde ein Scherzanruf bekannt, der fast zu einem Krieg zwischen Pakistan und Indien geführt hätte. Ein Witzbold rief den pakistanischen Präsidenten Asif Ali Zardarigab an und gab sich als indischer Aussenminister Pranab Mukherjee aus. In dem Gespräch wurde geäussert, dass Indien zu militärischen Mitteln greifen würde, wenn Pakistan die Hintermänner der Terroranschläge von Bombay nicht ausliefere.
 
Nun begannen laut der Zeitschrift „Dawn“ hektische Aktivitäten in Pakistan. Die Luftwaffe wurde in Alarmbereitschaft versetzt. Sogar die US-Aussenministerin Condolezza Rice wurde informiert. Dieser skeptischen Dame aus dem Bush-Land kam dann eine Erleuchtung. Sie rief den indischen Aussenminister an. Dieser bestritt, der Anrufer gewesen zu sein. Bald darauf begann sich die Lage zu beruhigen.
 
Da sieht man wieder einmal, was ein Scherzanruf alles bewirken kann.
 
Telefonstreich mit Folgen
Auch bei uns wurden und werden Prominente hinters Licht geführt. So erhielt einmal der ehemalige Fussball-Nationalspieler Lothar Mathäus einen Anruf von einem Schelm. Er glaubte dann fest daran, dass er einmal Sportminister werden könne.
 
Im September 2008 wurde die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti von einem falschen Franz Müntefering hereingelegt. Der Anrufer war der Stimmenimitator Jochen Krause von Radio ffn. Der Mitschnitt des Telefongesprächs wurde in die Internet-Plattform YouTube (gehört zum Google-Konzern) publiziert. Nun wurde Strafanzeige wegen Verdachts auf Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gestellt. YouTube sollte den verantwortlichen Internet-Nutzer benennen, was bisher nicht geschah. Wegen der Rechtsverletzung in Deutschland könne ein Prozess geführt werden, obwohl der Firmensitz in Kalifornien liegt.
 
Lästige Werbeanrufe
Des Öfteren bekam ich in der Vergangenheit Werbeanrufe von Buchclubs und Organisationen. Die einen priesen ihre Produkte an, die andern buhlten um Spenden. Solche Anrufe finde ich dermassen lästig, dass ich dann immer sage: „Ist diese Werbung nicht verboten?“ Dann ist das Gespräch sofort beendet.
 
In der Tat gibt es bei uns in Deutschland ein Verbot solcher Werbeanrufe. Aber viele Verkäufer und Bettler halten sich nicht daran. Oder versuchen mit einem Trick, die Kunden zu fangen. Sie säuseln dann: „Darf ich Ihnen die neuesten Produkte zu Sonderkonditionen zukünftig vorstellen?“
 
In einer Pressemitteilung vom 15.05.2007 liess das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie verlauten, dass das bisherige Verbot so genannter Cold Calls nicht wirkungsvoll umgesetzt worden sei. Wie www.e-recht24.de betonte, versteht man unter Cold Calls unerwünschte Werbeanrufe von Unternehmen. Gemäss § 7 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sind diese verboten, „wenn nicht vorher eine Einverständniserklärung des Angerufenen eingeholt wurde“. Es kommt dann schon mal vor, dass die Anrufer zu Beginn eines Gesprächs sagen: „Möchten Sie die tollen Angebote unserer Firma hören?“ Dann sind die Anrufer wohl aus dem Schneider, wenn die Angerufenen „Ja“ sagen.
 
Gefälschte und nicht gefälschte Anrufe
Im August 2008 erhielten etliche Deutsche gefälschte Werbeanrufe im Zusammenhang mit der ARD Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“. Die Anrufer gaben sich als Mitarbeiter der ARD aus. Später sahen die Angerufenen auf ihren Kontoauszügen Abbuchungen von den Konten, obwohl keine Einzugsermächtigung vorlag. Es wurde bisher nicht bekannt, wie die Betrüger an die sensiblen Daten der Kunden gekommen waren. Wie die ARD betonte, gehen sie sehr vertraulich mit Kundendaten um. Wahrscheinlich wurden die Daten von einem Unternehmen gekauft.
 
Der Hauptverantwortliche einer Lotto-Tippgemeinschaft erhielt im November 2008 einen Anruf von der Lottogesellschaft. Es war eine sehr freudige Nachricht: Der Lottomann beglückwünschte ihn zu seinem Gewinn in Höhe von etwa 100 000 Euro. Der Anrufer war nicht erfreut, da er einen Telefonscherz vermutete. Er unterbrach abrupt das Gespräch. Erst seine Mittipper machten ihn auf die „5 Richtige mit Zusatzzahl“ aufmerksam – und da wurde ihm zu seiner Freude schlagartig bewusst, dass der Anruf keine Verulkung war.
 
Vor einiger Zeit erhielten in Basel und auch in Lörrach betagte Personen Anrufe von angeblichen Enkeln, die in finanziellen Schwierigkeiten gekommen sein sollen. Sie baten um einen Geldbetrag, der ihnen dann ausgehändigt wurde. Es kamen aber auch falsche Geldsammler von Hilfsorganisationen in die Wohnungen und ergaunerten stattliche Beträge.
 
Auch meine neugierige, zweieinhalbjährige Enkelin Melina, die gerne mit schnurlosen Telefonen und Handys spielt, tippte einmal eine Nummer ein und kam dann irgendwie auf den grünen Freischaltknopf. Kurz darauf kam ein Rückruf von einem Abteilungsleiter des Dreisternwerks in Schopfheim. Er hatte die Nummer auf seinem Display entdeckt. Meine Frau Paula konnte dann die Sache aufklären und hat sich vielmals entschuldigt.
 
Es gibt ja unzählige Telefonstreiche von Kindern, die dann sich erfreuen, wenn die Angerufenen unwirsch reagieren. Nun solche Anrufe erhalten wir ab und zu. Entweder wird gleich aufgelegt oder irgendeine kindliche oder jugendliche Stimme säuselt etwas in die Leitung.
 
Ein Bekannter, der mir ab und zu einen guten Tipp bei Steuerangelegenheiten gibt, meldet sich oft so: „Hier ist das Finanzamt, Abteilung Steuerprüfung.“ Da ich ihn ja an der Stimme sofort erkenne, steigt mein Blutdruck nicht in ungeahnte Höhen. Auch dann, wenn ich keine Steuern hinterzogen habe. Schon, wenn ich das Wort Finanzamt höre, habe ich immer ein ungutes Gefühl und denke an die staatliche Abzockerei.
 
Solche neckischen Verulkungen sind ja noch ganz lustig. Es gibt aber ganz andere Anrufe. So erhielt einmal eine Frau aus dem Landkreis Lörrach einen Anruf von einem Krematorium. Der Anrufer wollte wissen, wo er die Urne ihres Mannes abliefern solle. Ihr Mann war jedoch noch quicklebendig. Es war ein makabrer Telefonstreich.
 
Karl Auers Telefonstreiche
Jeden Dienstag tritt in Bayern 3 Karl Auer in Aktion und ruft Firmen an, um einen Telefonstreich, der von Hörern gewünscht wird, durchzuführen. Er meldet sich dann immer mit „Griesgodauerkarlrotthalmünster“ (er sagt das immer so schnell, dass keiner das versteht). So rief er einmal die DB (Deutsche Bundesbahn) in Frankfurt an mit folgendem Wunsch: „Ich möchte zu Weihnachten meiner Frau eine Generalsanierung der Gesichtszüge schenken.“ Die Angerufene meinte, er könne bei ihr in die Werkstatt kommen, dort eine Sandstrahlung und eine Frischlackierung durchführen. Dann wurde Auer mit der Reparaturwerkstatt der DB verbunden. Ein Mann meldete sich und betonte, als er den Wunsch hörte, sie reparierten hier Züge und keine Gesichtszüge. Auer meinte dann noch, das wären ja auch Züge.
 
Ein anderes Mal rief Auer ein Gemüsegeschäft an und wollte wissen, ob sie „Geldau-Tomaten“ zum Verkauf anbieten. Die Frau, eine Gärtnerin, meinte, sie habe alle möglichen Tomatensorten, so die Berner-Rose, aber keine Geldau-Tomaten.
 
Von einem Berater der Deutschen Bank wollte Auer wissen, ob Finanzspritzen von der Krankenkasse bezahlt würden.
 
Einem Angestellten einer Solarfirma brachte er folgenden Wunsch vor: „Um die neuen Klimaschutzbestimmungen zu realisieren, müssen wir unsere 400 Einzelzellen in Solarzellen umwandeln.“ Auer betonte dann noch, dass die Zellen bruch- und ausbruchsicher sein sollen.
 
Am Schluss der jeweiligen Gespräche kommt die Auflösung und die Leute lachen über den Scherz.
 
Sie können die lustigsten Telefonstreiche unter www.br-online.de anhören.
Hinweis: Wer einmal seine Freunde hereinlegen möchte, kann einen Streich beim Telefonspassportal (www.marcophono.net/home.html) in Auftrag geben. Die Abwicklung ist kostenlos, wird jedoch von Werbung auf dem PC begleitet.
 
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