Textatelier
BLOG vom: 05.12.2008

Obama-Stilbruch 8: Oberkrieger für den Militärmacht-Ausbau

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Alle waren begeistert von der wahlkämpferisch vorgetragenen Friedenspolitik von Barack Obama, dem designierten, verklärten US-Präsidenten. Schliesslich haben selbst die US-Amerikaner, bei denen der Colt locker im Halfter sitzt, die Nase von den idiotischen Kriegsabenteuern des Ölbarons George W. Bush voll, der die Welt in einen Krieg nach dem anderen führte, die alle verloren wurden; ein gesichtswahrendes Verlassen der Schlachtfelder mit den Hunderttausenden von Opfern, vor allem Zivilisten, ist nicht mehr möglich.
 
Grossen Zuspruch fand dementsprechend der Friedensmessias Obama mit seiner Verheissung eines schnellen Rückzugs aus dem Irak. Schon am 30. Januar 2007 hatte er den „War De-Escalation Act“ initiiert, einen Plan für einen phasenweisen Rückzug amerikanischer Truppen aus dem Irak. Das war ein starkes Signal für eine ausgesprochene Friedenspolitik – und jedermann nahm im blinden Glauben an den „Change“ ohne Weiteres an, die bisherige ausgesprochene US-Kriegspolitik werde nun zu einer regelrechten Friedenspolitik bei Einhaltung der Menschlichkeit, ja sogar der Menschenrechte, der Vernunft, der Problemlösungen durch Verhandlungen. Der Jubel kannte keine Grenzen, weltweit, wie es sich für die amerikanisch geleitete und manipulierte Globalisierung gehört.
 
Dass Obama stattdessen den Krieg in Afghanistan ausbauen will, wusste man damals natürlich noch nicht. Inzwischen scheine aber auch Obama auf einen „geordneten Rückzug“ zu setzen …, melden die eingebetteten Medien. Und der braucht halt viel Zeit … Obama relativierte, bei seiner Entscheidung werde er dem Rat der Kommandeure im Feld folgen und die Sicherheitsinteressen der amerikanischen Truppen wie der Iraker berücksichtigen. Das sieht eher nach einem Rückzieher statt nach einem Rückzug aus.
 
Und jetzt, noch bevor Obama im Amt ist, tönt tatsächlich alles plötzlich ganz anders, so dass selbst der von Gott persönlich auf die Erde gesandte warlike Bush-Krieger vor Neid erblassen dürfte: „Die USA müssen die stärkste Militärmacht des Planeten bleiben“, sagte Obama bei der Vorstellung weiterer Haudegen (des „Sicherheitsteams“) seines noch ausgebauten Gruselkabinetts. Dieses wurde am 01.12.2008 um die kalt berechnende Hillary Clinton als Aussenministerin trotz ihrer Schlappe in den Vorwahlen und auch durch den bisherigen Verteidigungsminister und ehemaligen CIA-Direktor Robert Gates aufgestockt; Gates ist Nachfolger von Donald Rumsfeld und war ein Befürworter des Irak-Kriegs.
 
Frau Clinton ihrerseits verfolgt die prozionistische Politik mit voller Wucht und propagierte auch schon die nukleare Vernichtung der Mullahs in Iran und des ganzen Ölreichs, was nicht unbedingt nach Friedenspolitik aussieht. „Die Welt“ vom 22.04.2008 berichtete darüber wie folgt: „US-Senatorin Hillary Clinton hat dem Iran mit militärischer ,Auslöschung’ gedroht, sollte er während ihrer Präsidentschaft einen Atomangriff auf Israel starten. Auf eine Frage nach ihrer Reaktion in diesem Fall sagte Clinton im TV-Sender ABC: ,Wenn ich dann Präsidentin bin, werden wir den Iran angreifen, das müssen die Iraner wissen.’ Sie fügte hinzu: ,Wir wären in der Lage, sie (die Iraner) komplett auszulöschen.’“
 
Das scheint Obama imponiert zu haben, und er engagierte diese heisse Kriegerin spontan. Ob solchen Ernennungen durch Obama gerieten die Falken in aller Welt in Verzückung; denn Kriege sind ja immer auch mit guten Geschäften verbunden, und die hat die Kriegsnation USA jetzt besonders nötig. Auch viele serbelnde Medien würden sich freuen, wieder einmal über einen quotensteigernden neuen Krieg über Monate und Jahre hinweg berichten zu dürfen. Dementsprechend fanden sie für Obamas Ernennungen verherrlichende Bezeichnungen wie „bewährte Hände“, „auf Nummer sicher gehen“, „schlau“, „baut auf Erfahrung“ (wo bleibt der Change?). Selbst von „Weisheit“ wurde geschrieben, sogar auf dem alten Kontinent. Und die bigotte Hillary wusste, worauf allein es ankommt. Sie sagte zu Obama nach ihrer Ernennung: „ … und möge Gott dich und unser grossartiges Land segnen." Es geht um die USA und sonst um gar nichts, bestenfalls noch um Israel. Gott ist seit langem darüber informiert und weiss genau, wo er zu segnen hat.
 
Hillary hat eine geradezu ans Wunderbare grenzende Metamorphose durchgemacht. Noch im Wahlkampf hatte sie Obamas aussenpolitische Thesen als „naiv“ apostrophiert; man mochte ihr nicht widersprechen. Und ihr angetrauter Bill betreibt sowieso seine private Aussenpolitik, um noch etwas dazu zu verdienen; er ist ein begabter Spendensammler. Die Politik der Habgier war ja ein hervorstechendes Zeichen der Clinton-Administration.
 
Selbst die „New York Times“ schien nach den Ernennungen im aussenpolitischen Sektor etwas zu spüren: „Vor allem ,Falken’ finden sich in Schlüsselpositionen wieder.“ Als „altgediente Kalte Krieger“ bezeichnete das New Yorker Blatt sowohl Gates als auch James L. Jones im Rückblick auf deren langjährige Staatskarriere in sicherheitspolitischen Positionen. Beide hatten sich zuletzt vor allem dadurch für den Wahlsieger Obama empfohlen, dass sie sich gegenüber der Bush-Regierung in der letzten Zeit im offenen Widerspruch übten.
 
Der erwähne James Jones ist neuer Nationaler Sicherheitsberater; dieser Vier-Sterne-General war 2003‒2006 Nato-Oberbefehlshaber (13. Kommandant des US European Command und zugleich der 14. Supreme Allied Commander Europa), die internationale Mitmachtruppe unter US-Kommando. Er hat hervorragende Erfahrungen im Herumkommandieren der Europäer-Mitläufer. Chef der US-Geheimdienste soll der Ex-Admiral Dennis Blair (Studienkollege Bills mit engen Beziehungen zu Hillary) werden. Susan Rice (unter Clinton Bill Staatssekretärin im US-Aussenministerium) wird Botschafterin bei den Vereinten Nationen (UN), der frühere Ministerialbeamte Eric Holder (ebenfalls aus dem Clinton-Nachlass stammend) wird Justizminister und Gouverneurin Janet Napolitano aus Arizona Ministerin für Heimatschutz. Dass der neue Handelsminister, Bill Richardson, ebenfalls aus dem brachliegenden Clinton-Arsenal stammt, dürfte klar sein. Er war bei Bill Energieminister.
 
Das Schlimme ist nicht, dass Obama in seiner offensichtlichen Unbeholfenheit im Prinzip einfach die Clinton-Regierung wieder aufleben lässt, sondern dass er bei jeder Gelegenheit ankündigt, es müssten globale Allianzen geschmiedet werden, „damit wir die Bürden und Probleme nicht alleine tragen müssen“. Im Klartext: Statt Probleme zu lösen, werden diese durch die USA in Szene gesetzt und auf die Restwelt abgeschoben. Irgendwie können wir uns ja schon bei der jetzigen Finanzkrise darin üben, die US-Suppen auszulöffeln, bis wir daran ersticken. Die bereits in der Vergangenheit geschmiedeten Allianzen haben erfolgreich bewirkt, dass wir die liederliche, verfluchte Schuldenwirtschaft der Amerikaner zu tragen haben, die gerade wieder in einem beschleunigten Ausbau begriffen sind. Die ganze Welt wird zur Kasse gebeten – das Schuldenmachen mit der anspornenden, irrationalen Niedrigzinspolitik geht in den USA weiter, bis alle die alliierten Länder, die von ihrer masochistischen Nibelungentreue einfach nicht lassen mögen, ebenfalls ruiniert sind. Bushs hinterlassenes Trümmerfeld dürfte in Zukunft noch wesentlich vergrössert werden. Und die Feuerwehr, die ist nicht dumm, sie löscht noch verstärkt mit Petroleum.
 
Wenn es etwas gibt, das ich nicht ertrage: Von den Amerikanern noch mehr eingebunden zu werden. Und wenn ich die Botschaften von Messias Obama zur Kenntnis nehme, erhalte ich Brechreize, geht er doch weit über all die arrogante Interessenvertretung Amerikas, wie sie Bush zum Credo gemacht hatte, hinaus. In seinem Strahlenglanz sieht er „eine neue Morgendämmerung der amerikanischen Führung“, ein Zeichen göttlicher Erwähltheit (Predestination), was nur bedeuten kann, dass er den durch rein und gar nichts legitimierten Führungsanspruch der USA noch ausbauen will – und zwar „in allen Dimensionen“. Er hat noch nicht gemerkt, dass die Erde auch in wirtschaftlichen Belangen multipolar geworden ist und zum Beispiel der neoliberale Casino-Kapitalismus nach US-Muster eine Katastrophe ist, eine grenzenlose Blamage für die USA, ihre Finanzstrategen, ihre Ratingagenturen und auch für die Hereingefallenen in den eingebundenen Ländern; er hat keine Zukunft mehr. Obamas noch akzentuierte Fortsetzung dieser verheerenden nationalistischen Interessenpolitik lässt vermuten, dass auch weiterhin versucht werden wird, die Konkurrenz der Schweizer Grossbanken UBS und CS aus dem Wege zu räumen; im Moment ist gerade die Credit Suisse im Visier der US-Wirtschaftskrieger, die es auf Zerstörung abgesehen haben.
 
Obama ist bereits dabei, ein Wahlversprechen nach dem anderen ins Gegenteil zu verkehren, ein für viele unfassbarer Vorgang, vor allem für seine Gefolgschaft. Desillusionen sind schwer zu ertragen; doch kann und darf man nicht einfach die Augen davor verschliessen. Selbst den „Krieg gegen den Terrorismus“ will er verstärkt fortsetzen, diese Psychose gestattet es ihm erfahrungsgemäss, sich über Gesetze hinwegzusetzen und sich als Führer der „Hypermacht“ nach Bush-Vorbild zu profilieren.
 
Peter Scholl-Latour hat in seinem neuen Buch „Der Weg in den neuen Kalten Krieg“ sinngemäss geschrieben, der „Krieg gegen den Terrorismus“ sei ein Unsinn, denn der Terrorismus sei ein System und kein militärischer Gegner; es handelt sich also um einen Phantomkrieg, was selbstredend auch auf den Kampf gegen den Islamismus zutrifft.
 
Meines Erachtens wäre in diesem Sinne ein Krieg gegen den Neoliberalismus fällig. Da täte sich ein ergiebiges Schlachtfeld für all die von Obama neu belebten hyperaktiven Falken auf, die sich zweifellos wieder irgendwo austoben wollen. Und man sollte sie auf die effektiven Gegner der Menschheit loslassen.
 
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