Textatelier
BLOG vom: 22.12.2007

Dank an die emsigen Spammer u. Junk-E-Mailer für die Post

Autor: Walter Hess, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Meine hochstehende Microsoft-Outlook-Software, ohne die ich nicht mehr leben möchte, hat mir schon unendlich viele beste Dienste geleistet. Danke, Bill.
 
Doch dasselbe Outlook hat mich auch schon oft nach Strich und Faden versohlt. Manchmal geht es nicht. Und manchmal, wenn ich eine E-Mail schön formuliert habe, verschluckt das Programm beim Versand dieses Werk – auf Nimmerwiedersehen. Gelegentlich kommt eine E-Mail herein, die nur aus Vorschau besteht. Der Rest ist weg. Und bei anderen Gelegenheiten verschwinden ganze E-Mails: Buchbestellungen, Aufträge für Schreibarbeiten. Das schafft Freizeit. Ich weiss nie so recht, ob das Outlook – der Name kann von Ausblick bis Auffassung alles bedeuten – noch funktioniert oder wahrscheinlich nicht. Im Moment muss ich es gerade 3, 4 oder 5 Mal aufstarten, und dann geht es wieder. Die Ablage ist voll, übervoll und der Drive C auch. Auslagerungsdateien suchen vergebens und verzweifelt nach Platz. Erfolglos. Voll ist voll. Der Fehler liegt bei mir. Er lag bei mir. Ich habe die Rumpelkammer jetzt herausgeputzt, entschlackt, von grossen Bilddateien befreit. Es läuft wieder – bis zur nächsten Panne.
 
Ich erzähle dies nur darum, um mein Loblied auf die Spams abzusingen, vollkommen ungewohnte Töne. Natürlich meine ich damit nicht das gewürzte Büchsenschweinefleisch SPAM der US-Firma Hormel Foods Corporation: Spiced Pork and HAM und auch nicht die kriminellen Angriffe auf das Computerinnenleben und das Ausspionieren von Passwörtern und Bankdaten. Grosse und kleine Gauner und Schnüffler verachte ich zutiefst. Ich beziehe mich vielmehr auf die harmlosen, oft grenzenlos blöden E-Mails meist US-amerikanischer und südafrikanischer Herkunft, die mir täglich unaufgefordert und in grösserer Menge unbestellt franko Haus geliefert werden. Wenn immer ich ins Outlook einsteige, 100 bis 250 Spams warten ungeduldig darauf, heruntergeladen zu werden, falls das Outlook funktioniert, was gar nicht so selbstverständlich ist.
 
Die Spams sind auf meine intimsten Bedürfnisse zugeschnitten – jedenfalls nehmen das die Absender wahrscheinlich an. Sie meinen, dass ich mich ausschliesslich und sehr üppig von Viagra ernähre und an nichts anderes als an eine Penisverlängerung denke („Your penis will be leader of the world!“ – was nie dessen Ziel war; jede Form von Rekordsucht widerstrebt mir). Und Carroll bietet mir unermüdlich Luxusuhren an: „Rolex, Omega, Breguet, Breitling, Bvlgari, and many others.“. Sprachkurs in Amerikanisch inbegriffen. Die Südafrikaner ihrerseits möchten mich unbedingt anMillionenerbschaften beteiligen – ich habe nichts anderes zu tun als ihnen mein Bankkonto zu öffnen, damit sie nach Lust und Laune überweisen können: sterbende Dollars, Rands und dergleichen Wertgegenstände, nach freier Wahl. Kasinos mit VIP-Matchboni werden ebenfalls frei Haus geliefert, so dass ich all die Geschenke aus Erbschaften, die einen Abnehmer suchen, elegant gleich loswerden könnte, nähme ich sie an. Und die Antidepressiva könnte ich bei einem Ivan Goldberg bestellen, falls alles schief gegangen ist.
 
Aber abgesehen vom Angebot, das mehr über die Infantilität der Spammer als über meine Bedürfnisse aussagt, haben die Spams für mich einen wesentlich höheren Nutzen. Ich möchte sie nicht mehr missen. Darum:
 
Wenn immer ich Outlook aufschalte, habe ich ein mulmiges Gefühl: Geht es oder geht es nicht? Und testen kann ich das nur, wenn etwas zum Herunterladen da ist. Zwar ist meine E-Mail-Korrespondenz auf einem stattlichen Niveau, er dürfte nicht weniger als 0,5 bis 0,75 % der Spams ausmachen – vielleicht habe ich auch etwas übertrieben. Aber selbst wenn dieser verhältnismässig hohe Anteil das Landesübliche wahrscheinlich statistisch übertreffen mag, besteht doch keinerlei Gewähr dafür, dass bei jedem Outlook-Aufstarten ein spamfreier, wirklich an mich oder an unser Unternehmen adressierter Brief darunter ist. Doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit warten Dutzende Spams bzw. Junk-E-Mails, worin auch immer der Unterschied liegen mag, brennend darauf, in meine Mailbox Einlass zu finden.
 
So garantieren mir Spams rund um die Uhr eine praktische Kontrolle, ob mein Outlook noch funktioniert. Und es geht noch weiter: Wenn nach einem Outlook-Ausfall und den endlosen Bastelarbeiten des Providers plötzlich wieder alles geht und die ersten Spams serienweise und nach Absendezeitpunkt geordnet hereintrudeln, kennt mein Glücksgefühl keine Grenzen.
 
Deshalb möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, endlich einmal meinen aufrichtigen Dank an alle die debilen Spammerinnen und Spammer zu formulieren. Sie leisten eine grossartige Arbeit. Ich bin allerdings ein undankbarer Kunde von ihnen: Ich habe noch nie auf ein Spam reagiert, noch nie ein Anhängsel geöffnet und auch keinen Eingang bestätigt. Der Inhalt ist mir wurst. Um Chemikalien wie Viagra mache ich grosse Bögen, und den Südafrikanern möchte ich ihre Erbschaften niemals wegnehmen. Sie mögen diese doch bitte an die armen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent verteilen und nicht zu all dem Überfluss noch in die reiche Schweiz lenken. Es reicht allmählich.
 
Aber die Spammer keinen keine Pause, lernen aus meiner Ignoranz nichts – sie produzieren unentwegt weiter, lassen sich laufend neuen Unsinn einfallen und lassen mich an der US-amerikanischen Degeneration stündlich aufs Neue Anteil haben.
 
DANKE! Lassen Sie mich auch in Zukunft nicht im Stich. Dann kann ich meinem Outlook trotz allen Unzulänglichkeiten die Treue halten. Ich kann es jederzeit auf die Funktionsfähigkeit hin überprüfen.
 
Meine Freunde, Bekannten, Verwandten und Kunden würden das nie schaffen. Wie trostlos sähe es in unseren E-Mailboxen aus, wenn wir die kranken Spammer und Junker nicht hätten!
 
Sie ruinieren sogar ihren Ruf, nur um Gutes zu tun. Sie nehmen es hin, immer von der Delete-Taste in den Papierkorb geschickt zu werden, feiern immer wieder Auferstehung und haben ein digitales Denkmal mehr als verdient. So viel Selbstlosigkeit ist heute selten.
 
Die Spammer füllen alle Lücken. Und wenn die USA noch die letzten Spuren von Bedeutung und Ansehen verloren haben werden – ihre Spammer werden weiterhin unverdrossen Spams versenden und elektronische Papierkörbe füttern. Unbelehrbar, unbeirrbar.
 
Soweit der Outlook (Ausblick). Unsere Zukunft ist gesichert, weit über 2007 hinaus.
 
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