Textatelier
BLOG vom: 14.12.2007

Meine Unwörter 2007: Dollar, Hypokrise, Kreditkartenkrise

Autor: Walter Hess, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Die USA bedienen sich verschiedener Methoden, um die restliche Welt auszuplündern oder ihre Schulden auf diese abzuwälzen. Bestens bewährt sind die traditionellen Sammelklagen (class actions gemäss Rule 23 der Federal Rules of Civil Procedure, Title 28 United States Codes Appendix Rule 23). Dabei schliessen sich ganze Gruppen von Leuten oder Institutionen, die sich geschädigt fühlen, unter der Anleitung eines fantasievollen Anwalts zusammen, der sich gewaltige Ersatzforderungen ausdenkt, auch in seinem eigenen Interesse, weil er ja einen prozentualen Anteil erhält. Mit solchen Gruppenklagen können alle Länder dieser Erde heimgesucht werden (auch wenn diese den Sammelklagen-Trick in ihrem eigenen Gesetzesrepertoire nicht führen); denn die USA haben weltumspannend über alle nationalen Gesetze Vorrang, wenn immer ein minimer Bezug zu ihnen vorhanden ist. Und weil dieses Land seine Finger global im Spiele hat und die internationalen Regeln nach eigenem Gutdünken diktiert, ist solch ein Bezug selbstverständlich immer gegeben. Die Schweizer Banken, Objekte ständiger US-Plünderungen, können davon ein Lied singen, ja ganze Liedabende damit bestreiten.
 
Ein weiterer Trick der USA ist das untätige Zuschauen am ständigen Dollar-Zerfall. Sie haben ihre Freude daran. Sie wirken nicht bremsend, sondern fördernd darauf ein, lassen diesen Erosionsprozess über Jahre hinweg gewähren und fördern ihn gar durch eine Öffnung der Geldproduktionsschleusen über den Anschlag hinaus und akkumulierte Leistungsbilanzdefizite, welche durch ständige Zuflüsse aus dem Ausland finanziert werden müssen. Auf diese Weise können die USA die eigenen Exportchancen noch erhöhen. Mit anderen Worten: Die USA lassen sich ihre Defizitwirtschaft (Überinvestitionen, Leistungsbilanzdefizit, überbordende Staatsschulden, zu der auch noch eine immense, sich ständig aufblähende Privatverschuldung kommt) durch die ständig unverdrossen hereinfallende und getäuschte Welt der ausgenützten Gutgläubigen finanzieren. Das sind grossartige Geschäftsmodelle, denen meine uneingeschränkte Bewunderung gilt.
 
Die US-Grossfinanz steuert über das FED, das dieser gehörende Federal Reserve System (Zentralbank-System der USA) das Geld und die Währungsreserven der Welt nach ihren persönlichen Interessen. Alle Finanzmarkt-Jongleure schauen wie die Gläubigen in einer katholischen Kirche andächtig zum Pfarrer hoch oben auf der Kanzel empor. Sie verhalten sich, nachdem ihnen der Weg zum Heil gewiesen worden ist, wie ferngesteuerte Trottel in einem Spielcasino. Sie merken nicht, dass die internationale Leitwährung zu einer faulen Leidwährung geworden ist, von der man sich schon längst hätte verabschieden müssen. Sie verscherbeln wertvolle Sachgüter wie Rohstoffe für Scheine, die sich der Wertlosigkeit täglich weiter nähern – hin zum reinen Papierwert, den man auch noch vergessen kann. Wenigstens den Erdölproduzenten gehen allmählich entsprechende Petrollampenlichter auf.
 
Die Bindung an Sachwerte wie Gold ist aufgegeben worden, weil diese die wunderbare Dollarvermehrung verunmöglicht hätte, und auch die Nationalbanken werden mit unsanften Mitteln gedrängt, ihr Gold zu verramschen, damit die Papierchen, auf die irgendwelche Zahlen aufgedruckt sind, unbeschwert herumgewirbelt und den US-Interessen nutzbar gemacht werden können. Mit jeder Dollarentwertung wird die Welt ausserhalb den USA – dieses Ausland sitzt auf dem allergrössten Dollaranteil (rund 80 %) – geplündert. Das System hat sich seit Jahrzehnten bewährt, wenigstens für die allmächtige US-Grossfinanz. Statt sich aus diesem kriminellen Treiben zu verabschieden, versucht die Welt immer wieder, sich an diesem gigantischen Schwindel zu beteiligen, steigt in US-Geschäfte ein, wird instrumentalisiert und wird dann prompt übers Ohr gehauen.
 
Der neueste Coup, der gerade aufbricht, ist die Hypothekenkrise, die sich schon lange abgezeichnet hat (siehe mein Blog vom 27.03.2007: „Dubioser US-Immobilienmarkt: Alles Faule kommt von drüben“). Doch die grössten und angesehensten Banken in allen Erdteilen machten sich einen Sport daraus, in geradezu masochistischer Art oberfaule Hypotheken zusammenzukaufen, weil wir ja alles erwerben müssen, was uns der grosse Bruder aufdrängt; selbst US-Beef (Hormonfleisch) wird hierzulande noch gefressen; wer die Hormone erwischt, wird selber zur Fettlawine.
 
Die Banken bzw. ihre Anleger bezahlten und bezahlen dadurch die unbeherrschte, ruinöse Verschwendung, von der der ebenso berühmte wie degenerierte US-Way of Life gekennzeichnet ist, das Statussymbol der Dümmsten, Verantwortungslosesten. Grossbanken wie die britische Northern Rock und die HSBC, die Deutsche Bank, die Sächsische Landesbank (SachsenLB), die IKB, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die Schweizer UBS und viele andere Grossinstitute, auf die man ein uneingeschränktes Vertrauen hatte, finanzieren mit Milliardenbeträgen das unkontrollierte Geschehen im „riesigen Binnenmarkt USA“, diese gigantische Defizitwirtschaft. Und wenn die US-Verbraucher jeweils wieder neue Tricks zum Schuldenmachen herausgefunden haben, ihr mit Argusaugen beobachtetes Konsumverhalten mit gestohlenem oder geliehenem Geld noch auszudehnen verstehen, jubeln die Börsianer in den USA und in der übrigen Welt, und die Aktienkurse steigen wieder … Auch in diesem Geschäft werden die US-Vorgaben fast punktgenau nachvollzogen – selbst dort, wo die Rechnungen der an Masslosigkeit erkrankten Amerikaner am bitteren Ende landen.
 
Der Trick der US-Banken, die ihrem Volk grosszügig Kredite für Eigenheime und benzinfressende Auots förmlich nachgeschossen hatten und auf diese Schulden noch weitere Leihgaben zur weiteren Wirtschaftsbelebung auf Nimmerwiedersehen butterten, ist genial: Die Ramschkredite (Sub-Prime-Hypothekenkredite) wurden gebündelt, mit einem vielversprechenden Namen (Asset Backes Securities ABS) sowie dem verkaufsfördernden AAA-Gütesiegel versehen und dann an Einfaltspinsel in Banken, Fondsgesellschaften (auch Hedge Fonds) und Versicherungen zu masslos überrissenen Preisen verkauft.
 
Der nächste gemeine Trick ist bereits im Anzug: Die US-Kreditkartenkrise. Die Amerikaner, die ihre Verschwendsucht ständig ausbauen, finanzierten natürlich nicht den ganzen aufwändigen Lebensstil mit Hypothekarkrediten, denn da sind ja auch noch die Kreditkarten. Sie kaufen und kaufen und bezahlen bis zur Limite und darüber hinaus mit ihrer Kreditkarte. Wenn diese definitiv am Limit ist und die Zinsen auf 19 % angestiegen sind, beschaffen sie sich eben eine neue Kreditkarte usw. usf. – bis zum Konkurs, und dann kann das Spiel von neuem beginnen. Bereits haben die Citigroup und Capital One durchblicken lassen, dass bei den Kreditkartenschulden steigende Ausfälle zu beobachten sind. Energie- und Lebensmittelpreise schlagen in den USA stärker zu Buche, und an Einsparungen denkt dort niemand. Verschuldung und Konkurse haben Statussymbol-Charakter.
 
Und so wird eine zusätzliche Variante der „Hypothekenkrise“ auf uns zukommen: Bereits im Sommer 2007 hatten die Kreditkartenschulden laut dem „Handelsblatt“ vom Montag. 12. November 2007, die Marke von 900 Milliarden USD überschritten – man beachte bitte, dass in jeder einzelnen Milliarde 1000 Millionen inbegriffen sind. Diese speziellen Schulden haben also eine ähnliche Grössenordnung wie die Subprime-Schulden, was etwas heissen will. In Amerika ist halt alles ein bisschen grösser. Allerdings dürfte es ziemlich schwierig sein, die beiden Schuldenarten voneinander genau abzutrennen, zumal Hypozinsen oft mit Kreditkarten beglichen werden, so lange das noch möglich ist. Die Kreditkartenkonten werden angeblich immer stärker überzogen.
 
Das grosse Bündeln der Kreditkartenschulden und der Weiterverkauf der verbrieften Schulden nach dem stinkenden Hypotheken-Vorbild an naive Investoren hat bereits begonnen. Es wäre interessant zu erfahren, auf wie viel davon sich die internationale Bankenwelt bereits gierig gestürzt hat … Man wird dies, währenddem die Hypokrise weiterläuft, in den nächsten Monaten häppchenweise erfahren. Und wenn sich nach dem Konsum dieser Häppchen das grosse Kotzen einstellt, wäre das eine natürliche Erscheinung. Mir jedenfalls ergeht es so.
 
Meine persönlichen Unwörter 2007 sind dementsprechend nicht „Klimakompensation“, auch wenn dieses auf eine Mogelpackung hinweist, die einen Lösungsansatz suggeriert. Es sind vielmehr Dollar, Hypokrise und Kreditkartenkrise. Dahinter verbergen sich viel gravierendere Mogelpackungen als beim Versuch, Klimaschädigungen durch zusätzliche Abgaben zu kompensieren, statt die Schäden zu verhindern.
 
Das Mundartwort des Jahres ist in der zunehmend US-amerikanisierten Schweiz pimpen. Es leitet sich vom englischen Tätigkeitswort „to pimp“ ab und bedeutet Zuhälter sein. Auch das passt zum Thema: Einige US-Banken haben sich auf dieses Pimpen spezialisiert: Sie bereicherten sich am Verkauf von ungedeckten Schulden; sie sind Zuhälter für wertloses Zeugs, das sie Gutgläubigen teuer andrehen. Damit dienten sie dem verschwendungssüchtigen amerikanischen Volk, das die Welt wieder einmal hereingelegt, seine Defizite gepimpt hat. Und der Wirtschaft ging es etwas besser.
 
Gelernt ist gelernt. Leider können wir Pimper von so viel Geschäftssinn nicht einmal lernen. Weil wir auf den guten Ruf bedacht sind und keine ethisch verwerflichen, kriminellen Handlungen begehen möchten, das grosse Vorbild hin oder her.
 
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