Textatelier
BLOG vom: 19.09.2007

US-Aussenpolitik und Söldnerei: Morden und morden lassen

Autor: Walter Hess, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Was ist das grössere Verbrechen: Sie erschiessen einen Menschen eigenhändig oder aber Sie stellen einen Berufskiller an, um die Sache für Sie erledigen zu lassen? Das Resultat ist dasselbe. Das an 2. Stelle genannte Vorgehen aber ist für Sie ungefährlicher, allerdings kostspieliger. Berufskiller sind teuer. Doch Sie können dann Ihre Mitverantwortung abstreiten.
 
Für ihre ständigen Kriege in aller Welt stellen die USA viele Söldner an; ein Teil von diesen wird euphemistisch Sicherheitsbeauftragte genannt. Eine bekannte amerikanische Sicherheitsfirma ist „Blackwater“ (Sitz in North Carolina), die grösste von allen übrigens. Sie ist eine von mindestens 3 solcher Firmen, mit denen das US-Aussenministerium zusammenarbeitet, angeblich um Amerikaner in diplomatischen oder anderen eigennützigen Diensten im Ausland zu schützen. Auch die Riesenfirma Halliburton, ein Zulieferunternehmen des US-Militärs, das auch für den Wiederaufbau bestimmte Gelder zu verschleudern und der Versickerung zuzuführen pflegt, ist ein Auftraggeber von Blackwater. US-Vizepräsident Dick Cheney leitete das Unternehmen zwischen 1995 und 2000; man erahnt gewisse Zusammenhänge. Die Amerikaner dürfen sich ungeschützt bald einmal nirgends mehr auf der Welt sehen lassen, und wenn der oberste Kriegsherr George W. Bush kommt, müssen alle Gullydeckel zugeschweisst werden ... damit er nicht auch noch in diese Fallen hineintrottelt.
 
Laut Medienberichten fuhren einige der rund 1000 im Irak herumballernden Blackwater-Sicherheitsleute am Sonntag, 16. September 2007, durch den sunnitischen Stadtteil Mansur von Bagdad, und als sie eine Explosion in der Nähe hörten, begannen sie wild um sich zu schiessen. Dabei wurden von ihnen mindestens unschuldige 8 Iraker erschossen und mindestens 13 verletzt – zufällige Opfer, wie Hunderttausende vor ihnen seit dem Sturz von Saddam Hussein. Condoleezza Rice versicherte in ihrer Herzensgüte ihr Mitgefühl den Hinterbliebenen gegenüber, bot aber natürlich keinen Cent Wiedergutmachung für die Not leidenden Menschen an. Auch das gehört zum bewährten US-Stil und wird von der Weltöffentlichkeit stillschweigend akzeptiert, auch von den allermeisten Medien. Ich wundere mich seit vielen Jahrzehnten immer wieder, was diese Kriegsnation alles darf, ob direkt oder indirekt, ohne gebrandmarkt zu werden.
 
Allein im Irak sind mehrere zehntausend Privatsöldner im US-Auftrag im Einsatz, unter ihnen angeblich viele Amerikaner und Briten, aber auch Kämpfer aus armen Ländern wie Uganda und Peru; genaue Zahlen werden selbstverständlich verschwiegen. Sie sind für ihre Personenschutzaufgaben mit Helikopterflotten, gepanzerten Fahrzeugen und automatischen Waffen ausgerüstet und haben die Lizenz zum Töten; es sind also eine Art James-Bond-Nachfolger, Kämpfer des Kampfs für das Gute im Auftrag der Besten. Hollywood hat das Feld dafür längst aufbereitet.
 
Wenn die Söldner im Rahmen ihrer aktiven Terrorismusförderung hin und wieder ein Massaker anrichten, erklärt sich die US-Regierung vorerst einmal für unschuldig, aber sie sichert dann immerhin eine sehr gründliche Untersuchung zu, von der man dann selbstverständlich nichts mehr hört; im besten Fall gibt es lapidare Pseudostrafen. Denn die Berufskiller geniessen eine vollkommene Immunität (ähnlich wie die Soldaten der westlichen Kriegskoalition, gemäss US-„Anordnung 17"); sie stehen ausserhalb von jedem Recht. Sie unterstehen bezeichnenderweise nicht dem US-Recht, aber auch nicht der irakischen Justiz. Sie sind weder Soldaten noch Zivilisten, weder Fisch noch Vogel. Vogelfrei.
 
Irak hat nun den Versuch gewagt, den Blackwater-Killern die Lizenz zu entziehen, eine eher rhetorische Massnahme. Schliesslich hat ja die Killernation USA das Sagen. Und es ist bei Kriegen ähnlich wie im Fussball: Es gibt praktisch keine modernen Kriege mehr, an denen keine Söldner beteiligt sind.
 
In den USA sind die friedliebenden Söldner im Branchenverband „International Peace Operations Association“ vereinigt; das Wort Söldner (mercenary) vermeiden sie konsequent. Spitzenleute erhalten 1000 USD pro Tag. Es wird geschätzt, dass alle privaten Militärfirmen, die ihr Kriegshandwerk im Kundenauftrag ausführen, jährlich rund 100 Milliarden USD erwirtschaften. Ihr grösster Kunde ist selbstredend die mächtigste, grausamste und rücksichtsloseste Kriegsnation USA, die allein in den letzten 10 Jahren mehr als 3000 Verträge mit solchen Firmen abgeschlossen hat (Quelle: „NZZ Folio“ 2006-09: „Bombengeschäft“).
 
Das Söldnerwesen hat allerdings eine jahrtausendelange Tradition; ich wurde kürzlich beim Besuch des prachtvollen Freuler-Palasts in Näfels GL an die organisierte Reisläuferei erinnert. Die Schweizer waren begehrte Krieger; doch seit Einführung der Verfassung von 1848 ist dieses Geschäft, das sich jeder Kontrolle entzieht, verboten. Hoffentlich darf das auch so bleiben, wenn sich die Schweiz noch weiter der US-gesteuerten Nato unterwirft.
 
Je mehr es im Rahmen der auf Ausbeutung im weitesten Sinne angelegten Globalisierung gelingt, die Länder dieser Erde zu destabilisieren und zu kontrollieren, desto blühender wird das Sicherheitsgeschäft. Ungeschickt operierende Politiker erhalten Drohungen, und dann müssen Bodyguards auf den Plan, so in der Schweiz mit der Präsidentin der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission (GPK), Lucrezia Meier-Schatz (CVP), geschehen, die nach liederlichen, zweckgerichteten Interpretationen von Papieren, die eine Verschwörungstheorie stützen sollte, unter Polizeischutz gestellt werden musste. Die CVP-Bundesrätin Doris Leuthard, die für die 1. Nummer der Zeitung „Sonntag“ (16.9.2007) aus dem AZ-Haus in Ermangelung aussagekräftigerer Themen ein grosses, laues Interview geben durfte, spielte darauf an und freute sich des freien Lebens: „Ich gehe nach wie vor ohne Bodyguards einkaufen.“
 
Frau Leuthard bezahlt ihre Einkäufe zweifellos korrekt. Doch die USA ihrerseits veranstalten Raubzüge. Sogar der orakelhafte Alan Greenspan (81), der frühere US-Notenbankchef, hat es ausgesprochen, diesmal ganz ausnahmsweise im Klartext: Ich bin betrübt, dass es politisch unbequem ist, festzustellen, was jeder weiss: Im Irak-Krieg geht es im Wesentlichen um das Öl.“ So steht es in seinem „The Age of Turbulence: Adventures in a New World”; biederer Titel der deutschen Ausgabe der Memoiren: „Mein Leben für die Wirtschaft.” Ein Ausrutscher. Er krebste dann allerdings gegenüber der „Washington Post“ wieder zurück, zumal er seinerzeit unter den Irak-Krieg-Befürwortern war. Nach dieser Verwedelung war er wieder ganz der Alte.
 
Falls sich einer, dessen Stimme gehört wird, einmal zu einem wahren Satz verirrt, wird er zurückgepfiffen. Die US-Kriegspolitik nimmt ihren Lauf, fast unbehelligt von der öffentlichen Meinung. Im Interesse des Erdöls ... und der Sicherheit auf dieser Erde, die von den USA garantiert (untergraben) wird, so weit sie es nicht schon ist.
 
Die Blüte des Söldnerwesens steht erst noch bevor.
 
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