Textatelier
BLOG vom: 15.06.2006

Gentech-Neuheiten: Allergiefreie Katze, leuchtender Fisch

Autor: Heinz Scholz
 
Im Oktober 2004 wurde das Vorhaben der US-Firma Allerca, allergenfreie Katzen zu züchten, public. Die Firma hatte das „Wohl“ bestimmter Katzenliebhaber im Sinn. Endlich sollte das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier ohne Niesen und Atemnot möglich sein. Nach Angaben der amerikanischen Akademie für Allergien, Asthma und Immunologie soll es in den USA etwa 30 Millionen Menschen geben, die unter einer Katzenallergie leiden.
 
Die „Tageszeitung“ (TAZ) pries die damals bevorstehende Gentech-Innovation mit folgenden lobenden Worten: „Katzenfreunde, die mit ihrem Lieblingstier wegen einer Katzenallergie nicht schmusen können, dürfen sich freuen. Eine kleine Vier-Mann-Firma aus dem kalifornischen Los Angeles will das Allergieproblem jetzt endgültig lösen.“
 
Vor 2 Jahren hielten Forscher die Wegzüchtung des Allergie auslösenden Eiweissstoffs für unmöglich. Katzen produzieren nämlich eine ganze Reihe von allergieauslösenden Stoffen. Es sind nicht die Haare, die Allergien auslösen, sondern der Speichel. Durch die Fellpflege kommt der Speichel auf die Haare und von dort zum Menschen. Ich frage mich, warum die Gentechniker nicht gleich die Haare oder die Fellpflege wegzüchten! Die können inzwischen doch fast schon alles. Oder sie züchten allergieresistente Menschen. Die Allergie muss ja einen Grund haben. Warum gibt es eine Vielzahl Menschen, die keine Katzenallergie haben?
 
Die Forscher wurden inzwischen eines Besseren belehrt. Am 9. Juni 2006 berichteten die ersten Tageszeitungen, dass es Allerca gelungen sei, allergiefreie Katzen zu züchten. Die Firma will ein Riesengeschäft mit den Katzen-Neuheiten machen. Umgerechnet 3100 Euro will das Unternehmen pro Katze haben. Die ersten Katzen werden Anfang 2007 ausgeliefert. Bis 2009 will Allerca 10 000 hypoallergene Katzen „produzieren“ (ein sehr tierverachtender Ausdruck!), wie die „Rheinische Post“ im Internet am 10. Juni 2006 berichtete. Die amerikanische Tierschutzgesellschaft zeigt sich erfreut, weil dadurch weniger Katzen ausgesetzt werden.
 
Unvertretbar und unethisch
Kritik kommt von der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Prof. Ingo Nolte ist gegen diese „lebensverachtende“ Innovation und betonte, dass Menschen, die solche Tiere kaufen, keine Tierfreunde seien. Viele Katzen müssen nämlich in Tierversuchen ihr Leben lassen. Dies ist, so die Meinung des Professors, „unvertretbar und unethisch“. Auch weiss man nach dem genetischen Eingriff nicht, wie sich die Gesundheit der Tiere entwickeln wird.
 
Bemerkenswert ist, dass die Firma Allerca die genmanipulierten Katzen kastriert oder steril ausliefern möchte, um eine unkontrollierte Vermehrung der Genkatzen zu verhindern. Sicherlich wollen sie damit verhindern, dass normale Züchter die Katzen weiter vermehren und somit der Firma Millionenbeträge verloren gehen. 10 000 Katzen bringen der Firma die Rieseneinnahme von über 30 Millionen Euro!
 
Lifestyle-Haustier in der Pipeline
Die Gentechnik-Firmen haben noch ganz andere Lifestyle-Haustiere in der Pipeline oder diese schon entwickelt. So wurden schon 2 Kopien von Bengalen-Katzen auf Wunsch eines Tierbesitzers geschaffen. Der Katzenliebhaber, der für diese Klone 50 000 Dollar hinblätterte, war ganz aus dem Häuschen und meinte, die Tiere wären „quietschfidel“. Man könnte sich hier fragen, wie lange die Quietschfideligkeit anhält, da man ja nie weiss, welche Gesundheitsschäden sich bei den Klonen entwickeln. Wenn man da an das Schaf Dolly denkt, könnte es einem schlecht werden.
Auch gibt es inzwischen einen fluoreszierenden Zebrafisch (GloFish) und cholesterinfreie Mäuse. „Spiegel online“ berichtete ironisch: „Fressen ohne Reue – das können übergewichtige Katzen bald, wenn ihnen die neuen cholesterinfreien Mäuse zwischen die Kralle geraten.“
 
Die erfindungsreichen Gentechniker haben noch aberwitzigere Ideen. Sie wollen Gene von Quallen in Rotwild einpflanzen. Beim Kontakt der Tiere mit Autoscheinwerfern sollen diese grün erstrahlen und damit leichter sichtbar werden. Die Versuche sollen jedoch noch nicht erfolgreich verlaufen sein.
 
Ich bin überzeugt, der nächste Schritt ist die cholesterinfreie Züchtung von Nutztieren, die für den menschlichen Verzehr gedacht sind. Dann kann jeder cholesterinfreie Schnitzel essen, bis zum „Geht-nicht-mehr“. Und vielleicht geht dann wirklich nichts mehr.
 
An Wahnsinn kaum zu übertreffen
Ich finde, dass diese ersten „Erfolge“ der Gentechniker einem Dammbruch gleichkommen. Sie sind der 1. Schritt zur „Herstellung“ massgeschneideter Tiere. Ich finde dies unglaublich verachtend und an Wahnsinn kaum zu übertreffen.
 
Lislott Pfaff, engagierte Tierschützerin und Bloggerin aus CH-4410 Liestal BL, legte ich einen Zeitungsausschnitt über die allergiefreien Katzen vor. Auch betonte ich in einer E-Mail, dass die Forscher demnächst wohl krallenlose Katzen und nicht bellende Hunde züchten würden. Daraufhin antwortete mir Lislott Pfaff Folgendes:
 
„Ich bin absolut Ihrer Meinung, dass dies alles reiner Wahnsinn und nichts als Geschäftemacherei ist.
 
Was krallenlose Katzen anbetrifft, so wäre das nichts Neues; nur wurden die Krallen bisher bei den Tieren einfach operativ entfernt. Ich hatte selbst eine solche (Wohnungs-)Katze, die ich beim Tierarzt vor dem Einschläfern gerettet hatte. Sie war ein wunderschönes dreifarbiges Tier und mit einer Ausnahme ihrer Krallenlosigkeit völlig normal und gesund und lebte bei mir noch manche Jahre mit Auslauf ins Freie.
 
Auch Hunde, die nicht bellen (können), gibt es schon lange. Diese chirurgische Manipulation wurde jeweils in speziellen Hundezuchten (vor allem Beagle-Hunde) bei den Jungtieren vorgenommen. Diese wurden dann an die Forschungslabors weiter verkauft, die solche ‚stummen’ Hunde brauchten, damit sich die Tierschützer über das Jaulen, Winseln und Bellen in den Labors nicht mehr aufregten.“ Dies der treffende Kommentar von Lislott Pfaff.
 
Als ich vor 30 Jahren in einer pharmazeutischen Fabrik arbeitete, die auch Beagle-Hunde für ihre Arzneiversuche heranzüchtete, wunderte ich mich, dass kaum ein Bellen zu hören war. Nun kenne ich den Grund.
 
Wir müssen wachsam sein!
Wir müssen auf jeden Fall wachsam sein, um solche Züchtungen zu verhindern. Wegen der Genehmigung brauchte sich der Allerca-Chef in den USA kaum Sorgen zu machen. Er meinte in einem zynischen Ton: „Wenn die Menschen nicht anfangen, Katzen zu essen, sollte das Ganze behandelt werden wie der GloFish.“ Dieser schwimmt ja zur Freude der Fischliebhaber in den Aquarien und wird nicht verspeist. Die Genehmigung wurde dann ohne Beanstandungen vom US-Department of Agriculture und der Food and Drug Administration erteilt.
 
Zynisch könnte man da nur sagen, die Gentechnikfirmen und die Behörden tun etwas für die Tierliebhaber. Die Tiere werden es letztendlich ausbaden müssen. Wenn sie unsere Sprache sprechen könnten, würden sie die Menschen als Monster bezeichnen.
 
Infos im Internet
(mit weiteren Links zu den unterschiedlichen Themen; teilweise sind Ausdrucke zu bezahlen!)
http://www.innovations-report.de (US-Unternehmen will allergenfreie Katzen züchten)
http://www.rp-online.de (Katze für Allergiker gezüchtet)
 
Hinweis auf weitere Blogs zur Gentechnik
10.04.2004: „Zielstrebige Genmais-Verbreitung als Schlamperei getarnt?“
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
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Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
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Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
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