Textatelier
BLOG vom: 07.05.2006

George Williams: Der verlorene Seefahrer aus London

Autor: Emil Baschnonga
 
Da haben wir es wieder, wie immer im Mai – wie letztes Jahr auch, als sich der stille Pianomann abhanden kam … Diesmal berichteten die Zeitungen in England über den mysteriösen Londoner, der von einem Tanker von einem (selbst?)gebastelten Floss zwischen der dänischen und der norwegischen Küste aus dem Skagerrak halb verdurstet und erfroren gerettet wurde.
 
Wie erinnerlich, ist der Pianomann lang stumm geblieben. Demgegenüber hat der 42-jährige Seefahrer George Williams die Sprache nicht verloren, doch sein Reisebericht ist so unwahrscheinlich wie „Gulliver’s Travel“ (1726) von Jonathan Swift oder die „Abenteuer von Baron Münchhausen“ (1895). Das freut mich ungemein, und ich bin auf die Fortsetzung seines fabulösen Reiseberichts gespannt und werde Sie, lieber Leser/liebe Leserin, auf dem Laufenden halten.
 
Dieser George Williams wollte wenig über sein Woher und Wohin aussagen. Immerhin gab er preis, dass er als Methodist der Whitefield Memorial Church in London angehört. Der Reverend (Geistliche) Logan Dunn kannte ihn. Vor einigen Jahren, sagte der Kirchenmann, sei George Williams als Obdachloser in der Suppenküche aufgekreuzt. Er wurde zum regelmässigen Kirchengänger und verrichtete allerlei kleine Hilfsdienste im Kirchenbetrieb. Der Methodistenpfarrer bemerkte ausserdem, dass George Williams immer sehr gut gekleidet erschienen sei. Niemand in der Kongregation ahnte, dass er kein Dach über dem Kopf hatte. Er bezeichnete George Williams als stets freundlich und aufgeschlossen, ja sogar als sehr gesprächig. Über seine Vergangenheit hingegen schwieg sich der Mann aus. Man muss einem Pfarrer unbedingt Glauben schenken.
 
Nach Aussagen eines schwedischen Polizisten behauptete George Williams zuerst, ein staatenloser Amerikaner zu sein, der sich bei der Botschaft in London um eine „Green card“ („Grüne Karte“ als Aufenthaltsbewilligung) bemühte. Später bereicherte George Williams sein Märchen und bestand darauf, ein gebürtiger Südafrikaner zu sein, 1959 von einer jüdischen Familie adoptiert. Nun sind die Schweden nüchterne Leute. Der Polizist namens Fuxborg meinte lakonisch, die ganze Geschichte mache keinen Sinn. Ich jedoch sage: Jede Geschichte macht Sinn, wenn sie zu Ende ist. Dies ist zum Glück vorderhand noch nicht der Fall.
 
Nach seiner Aussage soll er über Bord eines Schiffes geworfen worden sein. Vielleicht hatte ein guter Matrose genug von seinen Lügengeschichten gehabt. Wie George Williams zu seinem selbst gebastelten Floss kam, übersteigt meine Phantasie. Er harrte dort miserable 4 Tage aus.
 
Widersprüchliche Meldungen über diesen rätselhaften Mann beginnen einzutreffen, worunter: „Er kommt möglicherweise aus dem Balkan.“ Es wäre schön, wenn daraus eine Balkangeschichte würde – frei nach Voltaire. Die sonst immer wache „Metropolitan Police“ in London musste zugeben, dass George Williams im Computer unauffindbar ist.
 
Hoffentlich kommt bald Reim in diese Lügenmär, sonst müsste ich meine eigene dazu beisteuern.
 
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