Textatelier
BLOG vom: 31.10.2005

Kleinheiten erkennen: Wer trinkt, füllt das Glas mit Luft

Autor: Walter Hess

„Beobachtet ganz genau, was ich jetzt mache“, sagte der Arzt, Physiker, Bergführer und Autor Jürg Reinhard vor einem über 200-köpfigen Publikum an den 12. Schweizerischen Gesundheitstagen am 22. Oktober 2005 in Solothurn. Er nahm ein Glas Wasser und trank es zur Hälfte leer.

„Was habe ich getan?“, fragte der Referent. Das halbe Glas Wasser getrunken. „Nein, ich habe Luft ins Glas gefüllt.“ Die unterschiedliche Betrachtungsweise erklärte er so: „Wir sehen immer das Gröbere. Dabei fängt alles mit dem Feinen an, auch jede gesundheitliche Therapie." Genau dort, wo das Sichtbare, das Grobstoffliche, aufhört, wirds interessant. Denn nach den Worten Reinhards hat jede Substanz auch eine Instanz, und die Homöopathie arbeitet genau mit diesen Instanzen, denen man wohl auch Informationen sagen könnte. Weil der Schulmedizin und den Schulwissenschaften überhaupt solche Phänomene ausserhalb des Messbaren unbekannt sind, wird das als Nonsens abgetan. Und der Homöopathie werden sogar offensichtliche Wirkungen abgesprochen, nur weil man diese nicht verstehen kann.

Die Gedanken, die auch zu den Instanzen gezählt werden können, sind die Grundlagen unserer Taten. Und wenn sie verkehrt sind, kommen unsere Werke ebenfalls verkehrt heraus. Man erkennt das aus dem politischen und wirtschaftlichen Leben: Da strebt alles zur Grösse hin, zum Erdumfassenden, zur Globalisierung. Global heisst „auf die ganze Erde bezüglich“; denn dort hören unsere Horizonte in der Regel auf; kosmische Einflüsse bleiben weitgehend unbeachtet, abgesehen von der Astrologie. Global heisst aber auch „nicht ins Detail gehend“; man hat nur eine globale Vorstellung von etwas, nur eine globale und damit eingeschränkte Sichtweise.

Genau so ist es: Die Globalisierung gaukelt eine ganzheitliche, umfassende Betrachtung vor, ist im Grunde aber eine vereinheitlichende Primitivphilosophie für Unbedarfte, die sich innerhalb der Vielfalt nicht zurechtfinden können, weil sie nichts verstehen, nicht werten können. Die Bildungsmisère, die wahrscheinlich bewusst herbeigeführt worden ist, gebiert zunehmend ein Publikum, das nicht unterscheiden kann, nicht urteilsfähig ist und einfach in einen Jubel ausbricht, wenn ihm ein Blödsinn attraktiv präsentiert wird. Es lässt sich leicht führen, leicht verführen, leicht irreführen.

Eine globalisierte Welt ist eine kindische, törichte und unreife Welt. Solche Beziehungsmuster sind eine Erklärung dafür, dass die Globalisierung so gut vorankommt und beim gegenwärtigen gesellschaftlichen Zustand schon fast als Naturereignis, das man einfach hinnehmen muss, verstanden beziehungsweise empfunden wird.

Wer fortschrittlich sein will, kehrt auch zum persönlichen Vorteil zum Kleinen, zum Kleinsten zurück. Dort sind natürliche Regulationsmechanismen intakt. Dort ist Leben, dort ist Zukunft.

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